Vor 16 Jahren, das iPhone war gerade ein Jahr alt, hatte Sam Altman seinen ersten Auftritt auf offener Apple-Bühne. Bei der mittlerweile legendären Entwicklerkonferenz WWDC stellte der damals 23-jährige US-Amerikaner, mit mutiger Doppel-Polo-Shirt-Bekleidung bedeckt, die App Loopt vor. Über den 2012 verkauften Dienst konnte man den eigenen Standort teilen, bis zu fünf Millionen Nutzerinnen und Nutzer erreichte Loopt zu Spitzenzeiten.

Heuer könnte Sam Altman zur WWDC zurückkehren – naturgemäß in völlig anderer Rolle. Wenn Apple heute, Montag, ab 19 Uhr die Entwicklerkonferenz mit einer Keynote offiziell startet, wird möglicherweise ein neues, ein Stück weit bedeutsameres Unternehmen als es Loopt war, im Zentrum stehen: ChatGPT-Erfinder OpenAI. Seit mehreren Wochen sind Gerüchte zu vernehmen, wonach Apple in Sachen Künstlicher Intelligenz bald intensiv mit Altman und OpenAI kooperieren könnte. Laut dem für gewöhnlich bestens informierten Bloomberg-Journalisten Mark Gurman soll nun sogar ein erster Vertrag der beiden Schwergewichte in trockenen Tüchern sein.

Apple steigt in den KI-Zug ein

Womit die letzten Zweifel, so es überhaupt noch welche gegeben hat, ausgeräumt sind, welchen Schwerpunkt Apple der diesjährigen WWDC gibt. Geriet der Krösus aus Cupertino zuletzt ins Hintertreffen, soll nun in Sachen KI der Befreiungsschlag gelingen. Um den Aufholprozess zu veranschaulichen, wird Apple dem Thema „Apple Intelligence“ bei der WWDC-Keynote eine gesamte Stunde einräumen.

Diese dreht sich freilich nicht nur um die vermutete Integration von OpenAIs GPT-Technologie in das iPhone-Betriebssystem. Apple wird auch hauseigene KI-Entwicklungen in den Vordergrund rücken. Und wohl auch einen Ansatz erklären, mit dem man sich von der Konkurrenz abgrenzen will: Apple tüftelt seit geraumer Zeit daran, KI-Funktionen wie etwa das automatische Transkribieren von Audiodateien, das Zusammenfassen von Artikeln oder bestimmte Bildbearbeitungen direkt am Handy umzusetzen. Damit will man etwaige Datenschutzbedenken schon im Vorhinein ausräumen. Google wagt mit seinem Sprachmodell Gemini Nano bereits einen ähnlichen Versuch.

Apple-Boss Tim Cook
Apple-Boss Tim Cook © Imago

Parallel dazu forciert Apple aber auch – komplexere – KI-Funktionen, die künftig aus der zentralen „Cloud“ per Internetverbindung bedient werden. Um das zu realisieren, stecken Apple-Boss Tim Cook & Co. seit geraumer Zeit viel Geld in neue Rechenzentren.

Klar scheint übrigens bereits, dass Apple seinen Nutzerinnen und Nutzer die KI-Funktionen nicht überstülpen wird, sondern möglichst viele als „Opt-in“, also optional, anbieten will. Ein Zugeständnis an die aufkeimende Kritik rund um die wenig sorgsame Datenverwendung von manch KI-Unternehmen.

Sagt Apple was zu Ajax GPT?

Mit dem neuen Betriebssystem iOS 18, Apple spricht marketingwirksam vom „größten Update in der Geschichte des iPhones“, wird sich jedenfalls bei zentralen Anwendungen einiges ändern. So soll etwa Apples Notizen-App völlig umgekrempelt werden und fortan auch Sprachmemos oder mathematische Formeln verarbeiten können.

Der Browser Safari wiederum wird mit dem herbstlichen Ausrollen des neuen Betriebssystems ebenso neue KI-Funktionen erhalten wie Sprachassistentin Siri. Ob der Konzern bei der WWDC auch Informationen zu einem eigenen Sprachmodell, zuletzt wurde dafür der Name AjaxGPT kolportiert, parat hat, ist fraglich.

Untersuchungen gegen KI-Firmen

Mit dem rasanten Wachstum der KI-Firmen rücken diese naturgemäß auch zunehmend ins Visier von internationalen Behörden. Microsoft, OpenAI und Nvidia ob ihrer dominanten Rolle ganz besonders. Erst dieser Tage gaben das US-Justizministerium und die Kartellbehörde FTC bekannt, ihre Ermittlungen rund um mögliche Kartellverstöße fortzusetzen. Untersucht wird auch die genaue Einhaltung von Offenlegungspflichten bei Firmenübernahmen. Vor allem Microsoft gab sich diesbezüglich im KI-Universum besonders großzügig und kaufte sich bei zahlreichen gewichtigen KI-Firmen ein. Alleine bei OpenAI soll sich das Investment auf rund zwölf Milliarden Euro belaufen.

Besonders kritisch beäugt man in der Microsoft-Zentrale in Redmond wohl deswegen auch die avisierte Zusammenarbeit zwischen OpenAI und Apple. Berichten von US-Medien zufolge soll sich Microsoft-Boss Satya Nadella mit Sam Altman getroffen haben, um eine Beteiligung Microsofts an etwaigen Gewinnen auszuverhandeln, die OpenAI aus der Partnerschaft mit Apple erzielt.