Nach einer Rezession 2023 sieht die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) heuer eine leichte Erholung der heimischen Wirtschaft. Das Wachstum wird mit 0,3 Prozent prognostiziert und von einem sich erholenden privaten Konsum und von den Exporten getragen. Bei ihrer Prognose im März war die OeNB noch von einem Wachstum für 2024 von 0,5 Prozent ausgegangen. Die HVPI-Inflation dürfte sich heuer deutlich abschwächen und auf 3,4 Prozent sinken, nach 7,7 Prozent im Jahr 2023.
Die Wirtschaft dürfte sich aus Sicht der Nationalbank heuer etwas erholen, allerdings nur schleppend. Dazu beitragen sollten steigende Reallöhne, die den privaten Konsum ankurbeln, sowie zunehmende Exporte. Bei den Bruttoanlageinvestitionen werden dagegen weiter Rückgänge gesehen. Vor allem Investitionen in Ausrüstung und Wohnbau würden von hohen Finanzierungskosten und schlechten Gewinnerwartungen gedrückt, teilte die Nationalbank am Freitag mit.
Birgit Niessner, Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft, betont am Freitag im Rahmen der Pressekonferenz hinsichtlich der Konjunkturentwicklung in Österreich, dass das „Schlimmste vorüber ist“. Niessner: „Die Rezession in Österreich ist vorbei.“
Gerhard Fenz, der Leiter Referats Konjunktur in der OeNB, verweist auf eine „weiterhin hartnäckige Schwäche“ im Bausektor und in der Industrie. Man sehe ab Jahresmitte ein verhaltenes Wachstum. Stärker entwickle sich der Dienstleistungssektor. Der wichtigste Treiber der Konjunktur sei der private Konsum.
Nationalbank zwischen Wifo und IHS
Die OeNB liegt mit ihrer Schätzung zwischen den jüngsten Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und des Instituts für Höhere Studien (IHS). Diese hatten im März ein reales Wachstum von plus 0,2 bzw. 0,5 Prozent vorausgesagt.
Für die beiden kommenden Jahre rechnet die OeNB mit einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums, und zwar auf plus 1,8 Prozent (2025) und plus 1,5 Prozent (2026). Als unterstützende Faktoren nennt sie einen deutlichen Anstieg des realen Konsums und eine Verbesserung des außenwirtschaftlichen Umfeldes.
Geopolitische Spannungen und die Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas könnten die derzeitige Wachstumsprognose noch negativ beeinflussen, eine stärkere Erholung bei der Inlandsnachfrage könnte hingegen die Aussichten verbessern. Insgesamt hielten sich die Auf- und Abwärtsrisiken für die Wachstumsprognose die Waage.
Die nach europäischen Standards gemessenen harmonisierte Inflation (HVPI) dürfte heuer deutlich zurückkommen und sich laut OeNB-Prognose auf 3,4 Prozent halbieren, nach einer Rate von 7,7 Prozent im Jahr 2023. Dass es keinen stärkeren Rückgang gebe, sei einem hohen Lohnwachstum geschuldet. Damit reduziere sich auch der Abstand zur durchschnittlichen Teuerung im Euroraum nur schrittweise.
In den beiden kommenden Jahren sollte sich die Inflation dennoch weiter einbremsen und so die Konjunkturerholung unterstützen. Die OeNB prognostiziert Rückgänge bei der Teuerungsrate auf 2,7 Prozent (2025) bzw. 2,5 Prozent (2026). Im gesamtem Prognosezeitraum liege die Kerninflation - bei dieser Rate sind Preise für schwankungsanfällige Kategorien wie Energie und Nahrungsmittel ausgeklammert - aber über der HVPI-Inflationsrate, schreibt die Nationalbank.
Arbeitsmarkt sollte sich „robust“ entwickeln
Der Arbeitsmarkt werde sich im Zeitraum 2024 bis 2026 robust entwickeln. Für heuer wird zwar ein leichter Anstieg der Arbeitslosenrate von 6,4 Prozent (2023) auf 6,7 Prozent gesehen, gefolgt wird dieser jedoch voraussichtlich wieder von Rückgängen auf 6,5 Prozent (2025) und 6,3 Prozent (2026).
Die Neuverschuldung der Republik (Budgetsaldo) wird heuer laut OeNB-Prognose wieder über 3 Prozent und damit über die Maastricht-Grenze steigen. Grund dafür seien die verzögerten Auswirkungen des Inflationsschocks auf die Staatsfinanzen. Für 2024 wird eine Neuverschuldung von 3,1 Prozent vorausgesagt, für 2025 sind es 3,3 Prozent und für 2026 3,0 Prozent. Für die Schuldenquote sieht die OeNB einen leichten Rückgang von 77,8 Prozent (2023) auf 77,3 Prozent. In den Folgejahren dürfte sie jedoch wieder leicht ansteigen, auf 77,6 Prozent (2025) bzw. 78,2 Prozent (2026).
Budgetdefizit ab 2024 wieder über Maastricht-Grenze
Die OeNB erwartet für Österreich heuer ein öffentliches Defizit von -3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP), -3,3 Prozent (2025) und -3,0 Prozent (2026). „Deshalb erscheinen zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen in den nächsten beiden Jahren notwendig“, so OeNB-Chefökonomin Niessnern. Im Vorjahr lag das Budgetdefizit noch unter der von der EU vorgegebenen Maastricht-Grenze von -3 Prozent bei -2,7 Prozent. Das höhere Budgetdefizit liege heuer vor allem an verzögerten negativen Effekten des Inflationsschocks auf die öffentlichen Finanzen, sagte die OeNB-Direktorin der Hauptabteilung für volkswirtschaftliche Analysen. Auch die schwache Arbeitsmarktentwicklung und steigende Zinsausgaben würden das Budget belasten.
Für die staatliche Schuldenquote sieht die OeNB einen leichten Rückgang von 77,8 Prozent (2023) auf heuer 77,3 Prozent. Grund sei ein starkes nominelles BIP-Wachstum aufgrund der Inflation, so die OeNB-Chefökonomin. In den Folgejahren dürfte die Quote jedoch wieder leicht ansteigen, auf 77,6 Prozent (2025) bzw. 78,2 Prozent (2026). Laut EU-Konvergenzkriterien (Maastricht-Kriterien) darf der öffentliche Schuldenstand nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen.
Mitte April warnte der Fiskalrat erstmals vor einem Überschreiten der Maastricht-Grenze im Jahr 2024 und Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt sah Österreich auf einem „falschen Pfad“. Für heuer erwartete das Gremium damals ein Budgetdefizit von -3,4 Prozent des BIP, für 2025 ein Defizit von -3,2 Prozent. Aus dem Finanzministerium hieß es im April, die Erwartung des Fiskalrates sei „nicht nachvollziehbar“.