Auch die Molkereien spüren eine anhaltend hohe Kostenbelastung. Und das, obwohl Milchprodukte selbst kein Treiber der Inflation seien, wie Helmut Petschar, Präsident des Milchverbandes Österreich (MVÖ), bei der Jahresbilanz betonte. Die milchverarbeitenden Betriebe würden trotzdem noch stärker auf Tierwohl setzen. Das liegt auch am hohen Export nach Deutschland, dort nimmt man an der Initiative Tierwohl (ITW) teil. Im Jahresverlauf dürften alle MVÖ-Molkereien die ITW-Teilnahme umsetzen, so Petschar. Das werde dann auch auf Milchpackerln und Co zu sehen sein, etwa bei Produkten der Kärntnermilch, wie Petschar als deren Direktor erwähnte.

Unter Druck kommt die Branche durch steigende Importe von billigeren, weniger hochwertigen Milchprodukten: Diese sind im vorigen Jahr um 5,1 Prozent auf 1,13 Milliarden Euro gestiegen. Indes sind die Exporte heimischer Milchprodukte lediglich um 0,9 Prozent auf 1,73 Milliarden gestiegen.

Jeder vierte Liter geht nach Deutschland

Jeder vierte in Österreich produzierte Liter Milch wird laut Petschar meist in Form von Käse ins nordwestliche Nachbarland exportiert. Gemeinsam mit der Agrarmarkt Austria (AMA) habe man daher ein Projekt entwickelt, um die ITW-Anerkennung zu bekommen und die Absatzzahlen abzusichern beziehungsweise zu steigern. ITW ist ein deutsches, branchenübergreifendes Bündnis der Fleischindustrie, das die Lebensqualität von Tieren für Verbraucherinnen und Verbraucher besiegelt kontrolliert.

Die zusätzlichen Auflagen scheinen nicht alle mittragen zu wollen: Wie die „Oberösterreichischen Nachrichten“ berichteten, tritt die Gmundner Molkerei mit Ende Juni aus dem Milchverband aus. „Die Entscheidungen, die dort getroffen wurden, sind für uns so weitreichend, dass wir diese nicht mittragen können“, wird der Gmundner-Geschäftsführer Christoph Engl zitiert.

Immer weniger Milchviehbetriebe werden fortgeführt
Immer weniger Milchviehbetriebe werden fortgeführt © AP

Weniger Betriebe, weniger Bio

Wie die Jahresbilanz der Milchwirtschaft belegt, ist dem langjährigen Trend folgend die Zahl der Milchbauern auf nunmehr 22.419 und damit um rund drei Prozent gesunken. Der Milchkuhbestand sank einhergehend um 1,4 Prozent auf 543.032 Melkkühe. Die Betriebe haben im Schnitt 24 Kühe. Jeder Landwirt lieferte 2023 durchschnittlich 157,6 Tonnen Milch und erhielt dafür im Schnitt rund 92.000 Euro. Der Biomilch-Anteil in Österreich betrug 18 Prozent (584.000 Tonnen), damit ging der Wert verglichen zu 2022 um 0,6 Punkte zurück.

„Der Handel verzichtet im Regelfall auf seine Spanne nicht“, ließ Petschar Ertragsschwierigkeiten bei den Molkereien anklingen. Der Umsatz ist 2023 verglichen zu 2022 um 4,5 Prozent auf 3,97 Mrd. Euro gestiegen. Das führte angesichts der Jahresinflation von gut 7 Prozent zu einem bereinigten Ergebnis der Geschäftstätigkeit von nur 0,05 Prozent zur Betriebsleistung. Laut Petschar habe die Pandemie zwar Bio und Regionalität gestärkt, allerdings habe vor allem die hohe Inflation dazu geführt, „dass wirklich betroffene Konsumenten zu Handelseigenmarken abgewandert sind“. Handelseigenmarken sind oft auch günstigere, weniger hochwertige Produkte aus Deutschland oder anderen Teilen Europas.