Verbrenner-Aus ab 2035. Viel und emotional diskutiert, auch beim Autogipfel im Bundeskanzleramt in Wien mit Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), Bundeskanzler Karl Nehammer, Landeshauptmann Christopher Drexler.
Dabei wurde im März 2023, also vor über einem Jahr bereits alles geklärt. Ein Kompromiss hat die EU-Vorgabe seit 2023 aufgeweicht, die deutsche FDP hatte so lange insistiert bis eine eigene E-Fuels-Typenklasse für Autos geschaffen wurde.
Vereinfacht erklärt: Klimaneutrale, synthetische Kraftstoffe (E-Fuels), sollen herkömmliche Kraftstoffe ersetzen. Sie werden mithilfe erneuerbarer Energien, Wasserstoff und CO2 hergestellt. Beim Verbrennen geben sie jenen Wert an CO2 ab, der zuvor für die Produktion der Luft entzogen wurde. Die Produktion ist jedoch energieintensiv, Kritiker erklären, man benötige synthetische Kraftstoffe eher für Flugzeuge und Schifffahrt. Die Menge an erneuerbaren Energien reiche nicht für alle Anwendungsbereiche.
Kommentar
E-Auto kann alleine die Bilanz nicht retten
Anhänger der Denkschule Technologieoffenheit erklären, man brauche jede Technologie, um die CO2-Werte zu senken. Helmut Eichlseder, Leiter des Instituts für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme an der Technischen Universität Graz, sagt: „Selbst wenn wir ab 1. 1. 2030 ausschließlich nur noch Elektroautos zulassen, also zu 100 Prozent auf E-Autos umsteigen, werden wir die Klimaziele des Verkehrssektors deutlich verfehlen.“
Und, wie inzwischen bekannt ist, kann man auch die E-Mobilität nicht bedenkenlos als „sauber“ einstufen: Batterieproduktion, Strommix, alles drückt auf die Bilanz – auch hier müssen alle Bereiche zuallererst einmal mit erneuerbaren Energien versorgt werden.
20 Prozent weniger Arbeitsplätze durch den Wandel
Natürlich muss die Politik Akzente setzen. Diverse Studien zum Wandel zur E-Mobilität bringen etwa deckungsgleiche Ergebnisse. Der Umstieg könnte den Verlust von 20 Prozent der Arbeitsplätze und weniger Wertschöpfung bringen – aber es gibt auch Chancen für neue Berufsgruppen, neue Arbeitsplätze. Notwendig sind weitreichende Fortbildungen für die Mitarbeiter.
Auf alle Fälle wird sich die gesamte Branche, bis zum kleinsten Zulieferer, verändern müssen. Denn der Weg in die E-Mobilität ist vorgegeben, auch ohne „Verbrenner-aus-Regelung“.
Das deutsche Umweltbundesamt formuliert die EU-Planung so: „Mit dem ‚Fit for 55’-Paket hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verschärfung des bestehenden Zielwerts der Verordnung der CO2-Flottenzielwerte vorgelegt: für das Jahr 2030 auf -55 % (zuvor -37,5 %) gegenüber den Werten des Jahres 2021 und eine Fortschreibung der Zielwerte bis zum Jahr 2035 (-100 %). Dieser Vorschlag würde dazu führen, dass ab dem Jahr 2035 in der EU nur noch Nullemissions-Pkw ohne Strafzahlungen neu zugelassen werden dürften.“ Ausnahme, wie beschrieben: Verbrenner-Fahrzeuge, die mit klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden.
Das sind die Strafen
Solange es jedoch keine perfekte technische Lösung für klimaneutrale E-Fuels gibt, um sie im großen Stil für alle Mobilitätsformen (Auto, Flugzeug, Schifffahrt) einzusetzen, werden die Autohersteller auf die E-Mobilität setzen. Es sind nämlich 95 Euro an Strafzahlungen pro Gramm Überschreitung der Grenzwerte fällig und dieser Wert wird mit der Stückzahl an Fahrzeugen, die der Hersteller abgesetzt hat, multipliziert. Damit warten auf die Branche bei Nichterfüllen der Vorgaben Milliardenstrafen. Die wird man sich lieber ersparen wollen. Außerdem haben die großen Konzerne inzwischen in Richtung E-Mobilität umgeschwenkt.
Auch die großen Protagonisten der Technologieoffenheit wie BMW oder Toyota kommen da nicht aus. Einziger Unterschied: Ihre Forschung an Alternativen zur E-Mobilität (Wasserstoff, E-Fuels) nimmt einen größeren Stellenwert ein.
Verbrenner-Aus: Geplantes Schicksalsjahr 2026
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, auch wie Österreichs Politiker in Wahlkampflaune, hat schon mal vorsorglich betont, dass die EU-Entscheidung zum Verbrenner-Aus im Jahr 2026 nochmals überprüft wird. Das war kein Rückzieher, wie fälschlicherweise oft behauptet wird. Die „Überprüfungsklausel 2026“ war im Programm „Fit für 55“ sowieso immer enthalten, das gilt als üblich bei so langjährigen Vorhaben. Denn es muss einfach auch überprüft werden, ob die EU und ihre Mitgliedsländer überhaupt ihre Hausaufgaben (Infrastruktur etc.) erledigt haben.
Dass Europa in Schlüsseltechnologien (Batterien, Rohstoffgewinnung für die Batterien) Aufholbedarf hat, ist ebenso bekannt. Hier rächt sich die jahrzehntelange Konzentration auf Verbrenner. China und Korea sind viel weiter in der Forschung sowie in der Umsetzung.
Selbst der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr, bezweifelt, dass das Verbrenner-Verbot in der jetzigen Form hält. Er verweist auf EU-weit zu knappe Fristen, etwa mit Blick auf östliche EU-Staaten.
Wie die Konzerne gegensteuern
Bleibt noch die Frage der Infrastruktur und der Strompreis-Entwicklung, die beim Thema E-Mobilität bei vielen Kunden für Verunsicherung sorgt. Übrigens sehr zum Missfallen der großen Autokonzerne: Sie wollen E-Autos verkaufen, wenn auch bisher mit dem falschen Zugang. Mit den Preisen jenseits der 40.000-Euro-Grenze tut sich das E-Auto schwer auf dem Weg zum Massenphänomen. Erst langsam kommen die günstigeren E-Autos – ab 2025, 2026 werden mehr Modelle erwartet.