Der nach TUI und DER Touristik drittgrößte Reisekonzern Europas, FTI mit Sitz in München, ist insolvent. Von der Pleite ist auch die österreichische Zweigniederlassung in Linz mit 70 Mitarbeitern betroffen und auch alle Marken von FTI, nämlich 5vorFlug in Deutschland, die BigXtra GmbH sowie die Mietfahrzeugsmarken DriveFTI und Cars and Campe.

Für die Kunden bedeutet das, dass noch nicht begonnene Reisen voraussichtlich ab Dienstag, den 4. Juni, nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können. Was die bereits angetretenen Reisen betrifft, „arbeiten wir mit Hochdruck daran, dass sie planmäßig beendet werden können“, hieß es vom Unternehmen. Eine Hotline wurde unter +49 (0)89 710 45 14 98 eingerichtet. Es gibt auch eine Support-Website unter https://www.fti-group.com/de/insolvenz

Im Urlaub gestrandet

Die Pleite von FTI wird auch in Österreich viele Menschen treffen. Genaue Zahlen gebe es noch nicht, betont Gregor Kadanka, Obmann des WKÖ-Fachverbandes der Reisebüros. Er schätzt, dass es letztlich „eine niedrige fünfstellige Zahl von Betroffenen“ geben werde, also von 10.000 Menschen aufwärts. Alle Ansprüche müssten in Deutschland geltend gemacht werden. Hier greife auch eine Staatshaftung.

Nur ein kleiner Teil der Betroffenen sei gerade im Urlaub gestrandet und brauche unmittelbar Unterstützung. Die anderen hätten ihre Reise noch nicht angetreten und könnten eventuell noch umplanen, schränkt Kadanka ein. Ersatz bekommt nach EU-Recht nur, wer eine Pauschalreise gebucht hat. Sollte das über ein Reisebüro geschehen sein, empfiehlt Kadanka erst einmal „nicht gleich zum Hörer zu greifen“. Denn „die Kollegen in den Reisebüros sind dahinter“ und würden versuchen, die Lage zu klären und dann ihre Kunden aktiv zu informieren. Wer hingegen eine Pauschalreise online gebucht hat, muss sich selbst um Schadenersatz kümmern. Grundsätzlich seien Reisende aus Österreich mit Reisenden aus Deutschland gleichgestellt. In beiden Fällen müsse der Deutsche Reisesicherungsfonds (DRSF) geradestehen, weil FTI seinen Sitz in Deutschland hat, so Kadanka.

Der Zusammenbruch des Unternehmens sei nicht absehbar gewesen und auch für Brancheninsider überraschend gekommen. Zuletzt sei die Stimmung eher positiv gewesen, weil mit dem Einstieg eines Fonds gerechnet worden sei. Kadanka sieht Parallelen zur Pleite des Reisebüros Thomas Cook im Jahr 2019. Thomas Cook sei zwar etwas größer gewesen, aber zusätzliches Pech sei, dass die Zahlungsunfähigkeit von FTI diesmal unmittelbar zu Beginn der Reisesaison gekommen sei.

Deutschland lehnte weitere Hilfen ab

Die FTI Group mit etwa 11.000 Beschäftigten war in der Pandemie, die die Branche in eine schwere Krise stürzte, in Bedrängnis geraten. Dann bekam der Konzern 595 Millionen Euro staatliche Hilfe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Und ein Lichtblick tat sich durch ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestors Certares auf, das die FTI Group für einen Euro übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen stecken wollte.

Buchungszahlen hinter den Erwartungen

Doch die Buchungszahlen blieben deutlich hinter den Erwartungen. „Dazu kommt, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. Es kam zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, der bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte“, teilt FTI mit. Dem „Handelsblatt“ zufolge soll sich bei FTI kurzfristig eine Deckungslücke in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages aufgetan haben. Der deutsche Bund habe nach Verhandlungen am Wochenende weitere Hilfen für das Unternehmen abgelehnt.

Urlauber werden zurückgeholt

Jetzt ist der 2021 gestartete Deutsche Reisesicherungsfonds am Zug. Er soll sich bei einer Pleite eines Reiseanbieters um die Erstattung der Vorauszahlungen der Kunden, gegebenenfalls den Rücktransport gestrandeter Urlauber sowie deren Unterbringung bis zum Rücktransport kümmern.

Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom deutschen Justizministerium beaufsichtigte Fonds war nach der Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 gegründet worden. Die Versicherung hatte damals wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein. Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/23 verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 4,1 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Ertrag in zweistelliger Millionenhöhe. Hauptgesellschafter war zuletzt die ägyptische Investorenfamilie Sawiris.