Immer wieder hatten Österreich und andere Staaten die deutsche Gasspeicherumlage kritisiert. Aber auch Ungarn, Tschechien und die Slowakei hatten den Druck auf Deutschland zuletzt erhöht. Diese Umlage wird auf den Gaspreis aufgeschlagen und dient laut Deutschland der Sicherung von Mindestfüllmengen in den dortigen Gasspeichern. Die Umlage war 2022 wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine und dessen Auswirkungen auf den Energiemarkt eingeführt worden.

Der Vorwurf aus Österreich:  „Die Gasspeicherumlage verteuert den Bezug von nicht-russischem Gas und erschwert damit die Diversifizierung unserer Gasversorgung“, hatte Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) wiederholt ausgeführt. Die Umlage sei zudem europarechtswidrig. Die EU-Kommission hat bereits im März ein Pilotverfahren als ersten Schritt im Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Nun will Deutschland die Umlage abschaffen – und zwar mit Anfang 2025. Das hat der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne) am Donnerstag in Brüssel vor Journalisten angekündigt. An den Grenzübergängen soll die Umlage demnach nicht mehr erhoben werden, im Inland werde sie aber weiter gelten.

„Es war niemals unsere Absicht, mit dieser Umlage die Integration der Märkte in Europa zu behindern oder gar die Unabhängigkeit von Russland zu stören“, meinte Giegold mit Blick auf die Kritik mehrerer mittel- und osteuropäischer Staaten, dass die Umlage sie daran hindere, unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu werden. Österreich, Ungarn, Tschechien und die Slowakei hatten ursprünglich geplant, beim heutigen Treffen der EU-Energieministerinnen und -minister die EU-Kommission aufzufordern, gegen Deutschland tätig zu werden.

„Haben gesehen, dass das ein Einflussfaktor ist“

Gewessler, die ebenfalls zum Energierat nach Brüssel gereist ist, begrüßte das geplante Auslaufen der Gasspeicherumlage an den Grenzübergängen. „Wir haben die Situation, und das war ja auch der Grund unserer Sorge, dass wir sehen: Die Gasflüsse von Deutschland nach Österreich, also Alternativen zu russischem Gas, sind drastisch zurückgegangen mit Erhöhung der Abgabe.“

Wie stark sich ein Abschaffen der Umlage auf Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas auswirken wird, konnte Gewessler nicht beziffern. „Wir haben gesehen, dass das ein Einflussfaktor ist. Das lässt sich aus den Zahlen mit der Einführung ablesen.“ Ein Blick auf das Ministeriumsdashboard auf energie.gv.at bestätigt die Beobachtung tendenziell: So stieg der Anteil der russischen Importe an den Gesamtgasimporten Österreichs nach Einführung des Gasspeicherumlage im Oktober 2022 über mehrere Monate hinweg an. Auch wenn es zuletzt teils große Schwankungen von Monat zu Monat gab – im März 2024 betrug der russische Anteil an den Gasimporte 93 Prozent. Auch in absoluten Mengen wurde im März etwa gleichviel Gas aus Russland importiert, wie zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022.

Erhöhung der Umlage im Juli kommt trotzdem

Bevor die Umlage abgeschafft wird, wird sie zunächst aber nochmals deutlich steigen: Wie Giegold betonte, werde die Erhöhung der Gasspeicherumlage ab Juli 2024 von derzeit 1,86 auf 2,50 Euro netto pro Megawattstunde wie geplant kommen. Das sehe das bestehende Gesetz so vor. Zum Vergleich: Laut dem Ministeriumsdashboard betrug der Großhandelspreis für Gas zuletzt 35,2 Euro die Megawattstunde – die Umlage bedeutet demnach einen Aufschlag von rund fünf Prozent. Dass die Gasspeicherumlage an den Grenzen erst mit 1. Jänner 2025 abgeschafft wird, verteidigte Giegold mit der Dauer des dafür nötigen Gesetzgebungsprozesses. „In Deutschland werden Gesetze vom Parlament gemacht“, antwortet er auf die Frage einer Journalistin.

Die Umlage wird auf den Gaspreis aufgeschlagen und dient laut Deutschland der Sicherung von Mindestfüllmengen in den dortigen Gasspeichern. Die Umlage war 2022 wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine und dessen Auswirkungen auf den Energiemarkt eingeführt worden. Das Geld dafür werde auch noch in Zukunft gebraucht und die entsprechenden Kosten müssten mit der Abschaffung der Umlage an den Grenzübergängen entsprechend neu verteilt werden, so Giegold. Ohnehin würde die Umlage vor allem von deutschen Kundinnen und Kunden gezahlt. Wie die Kosten der Gasspeicherung in Deutschland in Zukunft verteilt werden, sei Gegenstand des Gesetzgebungsprozesses.

„Abschaffung muss mit sofortiger Wirkung erfolgen“

Wiederholt harsche Kritik an der Gasspeicherumlage ist auch von der Industriellenvereinigung (IV) gekommen. Nun zeigt man sich zwar erfreut, dass es zu einer Abschaffung kommen wird. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer betont aber auch: „Die Abschaffung muss mit sofortiger Wirkung erfolgen und nicht erst 2025. Österreich und die EU-Kommission waren bisher zu zögerlich klare rechtliche Schritte einzuleiten. Eine weitere Einhebung und Erhöhung der Umlage ist inakzeptabel.“ Neumayer appelliert, dass sämtliche rechtliche Schritte ausgeschöpft werden müssten, „um eine sofortige Abschaffung inklusive Rückabwicklung der rechtswidrig eingehobenen Beträge zu erwirken“. Zahlreiche Rechtsmeinungen würden schließlich die Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht bestätigen. Neumayer: „Der österreichische Industriestandort kann sich eine künstliche Verteuerung der Gasimporte durch Quasi-Zölle nicht leisten, schon gar nicht, wenn wir verstärkt unsere Importrouten diversifizieren wollen.“

FPÖ-Energiesprecher sieht Mängel

Der Energiesprecher der FPÖ, Axel Kassegger begrüßt, dass die Gasspeicherumlage abgeschafft werden soll. Er bemängelt aber, dass sie davor trotzdem noch erhöht werden soll – und sieht hier Gewessler in der Schuld, die es verabsäumt hätte, „die Interessen der heimischen Endverbraucher zu vertreten“. Der Regierung wirft Kassegger vor, in den vergangenen zwei Jahren nicht die „Rahmenbedingungen für den Gastransport von West nach Ost“ geschaffen zu haben. Zudem wäre jahrelang „jede substanzielle Verfahrensbeschleunigung gerade für Energiewendeprojekte blockiert“ worden.