Volkswagen-Chef Oliver Blume will noch heuer seine Strategie für das nächste Jahrzehnt vorlegen. Auf der virtuellen Hauptversammlung des Wolfsburger Autobauers sagte der Manager am Mittwoch, der Grundstein für die Strategie 2035 werde noch 2024 gesetzt. „Sie wird der Nordstern für das Handeln in den kommenden zehn Jahren sein“, betonte Blume.

Die Wolfsburger bringen im laufenden Jahr in ihren unterschiedlichen Marken mehr als 30 neue Fahrzeuge auf den Markt, darunter Verbrenner, Hybridautos und Elektroautos. Letztere seien die Zukunft der Automobilindustrie, sagte Blume, darauf sei der Schwerpunkt der Investitionen ausgerichtet. Mit einem Kleinwagen im Preissegment um 20.000 Euro kommt ab 2027 ein weiteres Elektroauto dazu. „Damit halten wir unser Versprechen, bezahlbare Mobilität für Generationen anzubieten“, sagte Blume.

Fahrzeug soll in Europa entwickelt und gebaut werden

Das Fahrzeug soll in Europa entwickelt und gebaut werden, VW ließ aber zunächst offen, wo genau es vom Band laufen soll. Denkbar sind VW-Standorte in Osteuropa. Einigen Anlegern kam diese Entscheidung zu spät. Janne Werning, Experte bei der Fondsgesellschaft Union Investment, sagte, es dürfte angesichts des Produktportfolios schwierig werden, den Elektro-Anteil massiv zu steigern, um die CO2-Ziele einzuhalten, die in der Europäischen Union ab 2025 verschärft werden. „Nun drohen Milliardenstrafen aus Brüssel.“

Blume kündigte zudem an, dem Nutzfahrzeugbauer Traton einen höheren Streubesitz zu gewähren und so die Chance auf eine Aufnahme in den MDax zu erhöhen. Der geringe Streubesitz bei Traton bleibe für viele Anleger ein Hindernis, sagte Blume. Mittelfristig plane VW weiterhin mit einem Anteil von 75 Prozent und einer Aktie bei Traton. „Wir wollen ein engagierter und verantwortungsbewusster Aktionär bleiben“, betonte Blume. Er ließ jedoch offen, wie viele Aktien VW auf den Markt bringen könnte. Derzeit liegt der Streubesitz bei Traton nur bei gut zehn Prozent.

Kritische Stimmen

Bei Aktionären blieb die Menschenrechtssituation in der chinesischen Uiguren-Provinz Xinjiang ein wichtiger Kritikpunkt. Werning sagte, nach Berichten über Zwangsarbeit beim Bau einer Teststrecke dränge sich der Verdacht auf, dass Blume das Thema allenfalls halbherzig angehe. VW-Rechtsvorstand Manfred Döss sagte dazu, Volkswagen stimme mit chinesischen Partnern darin überein, dass Grundrechte eingehalten werden müssten, das gelte auch für Standorte der Gemeinschaftsunternehmen in Xinjiang. VW betreibt in Xinjiang zusammen mit SAIC ein Werk. VW befinde sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit dem Partner SAIC über die künftige Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten in Xinjiang, derzeit würden verschiedene Szenarien intensiv geprüft.

Auch die virtuelle Hauptversammlung wurde kritisiert. 2023 habe VW wegen seiner Präsenz-Hauptversammlung als Positivbeispiel gegolten, sagte Deka-Experte Ingo Speich. Jetzt ducke sich das Unternehmen von seinen Aktionären weg. Im vergangenen Jahr hatten Menschenrechtsgruppen und Klimaaktivisten die Veranstaltung gestört, eine Person versuchte, eine Torte auf Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Porsche zu werfen. VW führte Kostengründe dafür an, dass die Hauptversammlung jetzt wieder virtuell abgehalten wird - und Sicherheitsargumente. Bei der Hauptversammlung 2023 hatte sich VW für fünf Jahre das grundsätzliche Recht einräumen lassen, die Veranstaltung virtuell abhalten zu können. Eine Entscheidung, welches Format das Aktionärstreffen im kommenden Jahr haben wird, ist einem Sprecher zufolge noch nicht gefällt worden.