Ihre Namen sind in Österreichs Öffentlichkeit bisher wenig bekannt. Aber diese beiden Männer aus Abu Dhabi, hinter denen enorme Öl-Milliardenvermögen stehen, dürften in der OMV künftig etwas mehr Gas geben wollen, als frühere Abgesandte aus dem Emiraten – auch wenn die Mehrheit im zehnköpfigen Aufsichtsrat noch etwas „österreichisch“ denken sollte: Die Adnoc-Spitzenmanager Khaled Salmeen und Khaled Al Zaabi wurden in der OMV-Hauptversammlung als neue Aufsichtsräte abgesegnet.

Die OMV werde künftig vor Herausforderungen stehen, erklärte Salmeen ohne Nennung näherer Details, als er sich als künftiges Mitglied des Kontrollgremiums vorstellte. Auch Adnoc-Finanzchef Khaled Al Zaabi machte klar, dass in der OMV jetzt ein neuer Wind wehen dürfte: „Heute schlagen wir ein neues Kapitel in unserer langen Beziehung auf“, so Al Zaabi wörtlich.

Neu in den Aufsichtsrat kommen zudem die Vorarlbergerin Dorothee Deuring, Chemikerin und Bankerin, sowie der niederländische Energieexperte Patrick Lammers. Nach fast zehn Jahren gehen der Energieexperte Karl Rose und Gertrude Tumpel-Gugerell von Bord, sowie Alyazia Al Kuwaiti und Saeed Al Marrouei. Tumpel-Gugerell wollte nicht verlängern, Karl Rose arbeitete einst für Adnoc (Abu Dhabi National Oil Company).

Machtbewusste Auftritte

Wohin die Reise der OMV geht, die zu 31,5 Prozent dem Staat gehört und zu 24,9 Prozent Adnoc, konnten die hunderten Besucher im Messezentrum Wien zumindest erahnen. Denn beide Adnoc-Manager erläuterten in den knappen Minuten ihrer sehr machtbewussten Auftritte, dass sie im weltweiten Energiebusiness als sehr große Spieler unterwegs sind. Eineinhalb Jahre dauerte es, bis sie das Ticket in den OMV-Aufsichtsrat lösen konnten. Hatte es im Dezember 2022 noch wie eine Randnotiz ausgesehen, dass die OMV-Anteile der Abu Dhabis vom Staatsfonds Mubadala auf Adnoc übergehen, fehlt für das „neue Kapitel“ in der OMV – um Al Zaabi zu zitieren – nur noch der finale Schritt, nämlich die OMV-Tochter Borealis und die Adnoc-Tochter Borouge zu einem neuen Chemiekonzern zu fusionieren. Eine außerordentliche Hauptversammlung wird es dazu nicht geben, so OMV-Chef Alfred Stern.

Kein Wort zum Verhandlungsstand

Auf die Frage des Anlegerschützers Florian Beckermann, ob angesichts dieser Fusion die OMV-Nachhaltigkeitsziele nicht erodieren würden, versicherte Stern: „ESG (Nachhaltigkeitsziele, Anmerkung) steht auch in Zukunft im Mittelpunkt, bei jeder Struktur.“ Zum tatsächlichen Stand der Verhandlungen mit Adnoc kam dem versammelten OMV-Vorstand allerdings kein Wort aus. Beckermann dazu in einer Pause: „Vor einem Jahr dazu mit einer Ad-hoc-Meldung herauszugehen und dann kommt nichts, das ist verwunderlich.“

Zu Fragen rund um die umstrittenen Gaslieferverträge mit Gazprom gab es etwas mehr Auskunft, konkret zu zwei laufenden Schiedsverfahren. Beim ICC in Genf fordert die OMV 1,82 Milliarden Euro zurück für entgangene Einkünfte aus der Beteiligung am sibirischen Gasfeld Juschno-Russkoje zwischen Februar 2022 und Juni 2023. In Stockholm geht es um Lieferungen an eine OMV-Gashandelstochter. Gazprom erwirkte Urteile, dass die Verfahren ausschließlich in St. Petersburg in Russland zu führen sein, was die OMV als illegal ablehnt.

Von Protesten begleitet

Die Hauptversammlung der OMV ruft auch immer zahlreiche Proteste auf den Plan. Nicht nur phasenweise lautstark von Organisationen vor der Messehalle am Prater, sondern auch publikumswirksam am Wiener Karlsplatz, wo Greenpeace einen sechs Meter hohen Bohrturm aufstellte. Auch traten mehrere Aktivisten zu Beginn der Hauptversammlung mehrere Minuten auf, danach war die Veranstaltung extrem ruhig und vom neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Lutz Feldmann souverän geführt.

Die Kritik von Umwelt- und Klimaschützern vor allem am neu geplanten Gasfeld Neptun im Schwarzen Meer drückte sich etwa in Dutzenden Fragen an den Vorstand aus. An den Plänen dürfte das nichts ändern. Denn eine „abrupte“ Änderung der Geschäftspolitik schloss Stern aus. Allerdings sollen ab dem nächsten Jahr 40 bis 50 Prozent aller Investitionen in nachhaltige Projekte fließen.