Es ist ein Angebot, das in vielen Köpfen wohl längeres Nachdenken auslösen wird: Auf der einen Seite ein klar ersichtlicher Nutzen, auf der anderen Seite das eigene Sicherheitsbedürfnis. Immerhin gelten die privaten vier Wände nach wie vor als besonderes Hoheitsgebiet. Just dorthin sollen aber künftig die Postlerin und der Postler gelangen, um Pakete abzustellen oder abzuholen. Wie es dazu kommt?
Nun, 2021 startete die Österreichische Post gemeinsam mit Nuki, einem Grazer Spezialisten für smarte Türschlösser, das Pilotprojekt „Vorzimmerzustellung“. Mehr als 2000 Menschen zeigten damals Interesse, knapp 100 testeten das Service. Ziemlich genau drei Jahre später entscheidet die Post jetzt, dass die Vorzimmerzustellung, bei Nuki nennt es sich „In-Home Delivery“, tatsächlich österreichweit ausgerollt wird. Ab 1. Juli beginnt der Regelbetrieb schrittweise, 200 Nutzerinnen und Nutzer werden in einem ersten Durchlauf freigeschaltet. Mit Anfang 2025 soll der Dienst schließlich flächendeckend verfügbar sein.
Post meldet enormes Interesse
Das Interesse sei enorm: Die Post meldet nach knapp 24 Stunden hätten sich schon mehr als 2000 Personen für die neue Vorzimmer-Zustellung registriert. „Wir sind völlig überwältigt!“ Die hohe Zahl der Anmeldungen zeige die Bedeutung dieser europaweiten Innovation. „Die Österreicherinnen und Österreicher möchten ihre Online-Bestellungen direkt in die eigenen vier Wände bekommen und wir als Österreichische Post werden sie zustellen“, erklärt Peter Umundum, Vorstandsdirektor für Paket & Logistik der Post.
Von einer „absoluten Marktneuheit, die in Europa bis heute noch nie über die Pilotphase hinausgekommen ist“, spricht Umundum. Auch Nuki-Chef Martin Pansy spricht von einer „Vorreiterrolle“. Eine Rolle übrigens, in der sich das steirische Unternehmen seit jeher sieht, versuche man doch seit der Gründung 2014, „elektronische Türschlösser zu einer Selbstverständlichkeit zu machen“.
Dienst für den städtischen Bereich
Treiber des nunmehrigen Projekts sei das „extreme Paketwachstum“ bei der Post gewesen, erklärt Peter Umundum im Gespräch. 2023 stellte die Post erstmals mehr als 200 Millionen Pakete zu, im Privatkundengeschäft kommt das teilstaatliche Unternehmen damit auf einen Marktanteil von 63 Prozent.
Die Erstzustellquote wiederum liegt bei 94 Prozent. „Ein guter Wert, aber wir wollen da noch besser werden“, sagt Umundum. Die Vorzimmerzustellung soll ein geeignetes Vehikel sein, um dem gelben Zettel – und den für die Post teuren Mehrfachfahrten – den Garaus zu machen. Konzipiert ist sie primär für eine urbane Zielgruppe. Während in ländlicheren Regionen die klassische Abstellgenehmigung, eine Million Haushalte nutzen diese, gut funktioniere, sei sie im städtischen Bereich, vor allem in größeren Mehrparteienhäusern, nicht Usus.
Sperrberechtigung via App
Mit der Vorzimmerzustellung wolle man die „Logik der Abstellgenehmigung“, übrigens inklusive deren Haftungskriterien, hin zu neuen Zielgruppen transportieren. Für das technische Rückgrat sorgt Nuki, über die App des Smart-Lock-Spezialisten wird den Zustellern die Berechtigung für das Sperren von Haus- oder Wohnungstür erteilt. Geöffnet und später wieder geschlossen wird das Nuki-Schloss, zeitlich begrenzt, per „Handheld“, eine eigene Fußmatte im Vorzimmer markiert den Platz für Ablage oder Abholung des Pakets.
Durchwegs spannend: Gehörte eine Kamera in der Pilotphase noch zur Fixausstattung des Systems, ist die Videoüberwachung – und damit der einstige Projektpartner A1 – kein Teil des jetzt angebotenen Pakets. Optional ist die Anbindung aber möglich. Das habe damit zu tun, erklärt Martin Pansy, dass die Nutzerinnen und Nutzer im Pilotbetrieb den Mehrwert der Kamera als „überschaubar“ bewerteten. „Wesentlicher“, so Pansy, „seien die Benachrichtigungen“ – also das rechtzeitige Aufpoppen der Information am Smartphone, wenn Pakete zugestellt oder abgeholt werden.
Nuki plant weitere Ausrollung
Bei Nuki zeigt man sich jedenfalls überzeugt, dass die Zustellung bis ins Vorzimmer „durch die neue technische Umsetzung sowie die Skalierbarkeit langfristig Tausenden österreichischen Haushalten den Alltag erleichtern wird“. Zugleich arbeiten die Grazer bereits an weiteren Anwendungsmöglichkeiten ihrer Technologie.
„Wir können, wollen und werden den Dienst auch in jedem anderen Land in Europa anbieten“, sagt Nuki-Chef Martin Pansy zur Kleinen Zeitung. Und ergänzt: „Er muss dabei ja nicht auf Paketzustellung begrenzt sein.“ Ein Auge wirft man beim Smart-Lock-Hersteller auf die Belieferung von Gastronomie ebenso wie auf die Müllabholung in Supermärkten.