Der deutsche Bundesbank-Chef Joachim Nagel sieht die Europäische Zentralbank (EZB) unmittelbar auf die Zinswende zusteuern und lässt den nachfolgenden Kurs offen. Wenn sich nichts an der jetzigen Lage verändere, nehme die Wahrscheinlichkeit zu, dass auf der nächsten EZB-Ratssitzung der erste Zinsschritt kommen werde, sagte er am Freitag beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) im italienischen Stresa.
Doch daraus sei „keine Art Autopilot“ abzuleiten. Es sei somit nicht festgelegt, dass einem ersten Schritt nach unten gleich ein zweiter folgen müsse. „Davon würde ich jetzt mal nicht ausgehen wollen“, sagte Nagel. Es gelte, nichts zu überstürzen. „Stabile Preise sind die wichtigste Voraussetzung für Wachstum in Europa, daran sollten wir weiter festhalten.“
So gut wie ausgemacht
Es gelte, „von Sitzung zu Sitzung“ die Lage mit Blick auf die Preisentwicklung weiter zu beobachten. Beim kommenden EZB-Ratstreffen am 6. Juni gilt eine erste Zinssenkung inzwischen als so gut wie ausgemacht, sollten bis dahin keine großen Überraschungen eintreten.
EZB-Vizepräsident Luis de Guindos hatte am Donnerstag in einem Zeitungsinterview eine Senkung der Zinsen um 0,25 Prozentpunkte signalisiert. Wie es danach weitergehen soll, ist allerdings offen. Mehrere Währungshüter hatten zuletzt auf die hohe Unsicherheit verwiesen, etwa mit Bezug auf die Entwicklung der Löhne. Nagel sagte dazu, er rechne mit einer Abflachung der Lohnentwicklung in den nächsten Monaten. Doch müsse die EZB weiter aufmerksam bleiben.