In der Steiermark ging es zuletzt Schlag auf Schlag. AT&S, Magna und AVL streichen hunderte Stellen. Auch in der Kärntner Industrie ist die Stimmung derzeit trüb. Ende Juni wird das Versuni Werk in Klagenfurt, wie im Vorjahr bereits angekündigt, endgültig seine Pforten schließen. Seit Jahresanfang laufen, wie es aus Gewerkschaftskreisen heißt, die einvernehmlichen Auflösung der Arbeitsverhältnisse. Ein Sozialplan für die 130 betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde vereinbart, um den Jobverlust finanziell abzufedern. Details nennt die Pressestelle des Unternehmens dazu nicht.
Aus gut informierten Kreisen ist allerdings zu hören, dass er durchaus den in Kärnten üblichen Maßstäben entspricht. Branchenkenner gehen davon aus, dass etwa ein Drittel der Betroffenen einen neuen Job hat oder zumindest Aussicht darauf. Doch es ist nicht die einzige Standortschließung, durch die etliche Arbeitsplätze verloren gehen. Vor einigen Wochen hat auch das US-Unternehmen Max Linear im Technologiepark Villach zugesperrt. Zuletzt gab auch Infineon bekannt, dass es aufgrund fehlender Nachfrage auf die Bremse steigen wird und ein Sparprogramm plant. Ein Stellenabbau wie in Regensburg sei in Kärnten zumindest nicht geplant.
In der Statistik des Arbeitsmarktservice schlagen sich die jüngsten Entwicklungen noch nicht nieder, betont AMS-Chef Peter Wedenig. Denn die Zahlen der Arbeitsplatzsuchenden seien in diesem Bereich stabil. „Ich mache mir keine großen Sorgen, denn Fachkräfte wie Techniker sind auch in anderen Bereichen gefragt“, betont Wedenig.
Deutlich weniger Optimismus legt Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung, an den Tag, wenn sie auch betont, dass es einige Kärntner Unternehmen gibt, die trotz aktueller Herausforderung gut aufgestellt sind. Sie wertet die zuletzt in Österreich bekannt gewordenen Standortschließungen und den Stellenabbau als „sichtbare Zeichen, dass der Industriestandort massiv unter Druck steht“. Österreich habe die höchsten Lohnstückkosten Europas, hohe Energiekosten, zu wenig Absolventen im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), zu wenig Vollzeitarbeitskräfte, aber zu viele Regularien. Dieses Zusammenspiel schwäche die internationale Wettbewerbsfähigkeit massiv. „Wir haben am Standort ein Problem, auf das wir rasch strukturelle Antworten brauchen“, sagt Mischensky. Abbau von Bürokratie und Anreize für Mehrarbeit sowie Ausbau der Kinderbetreuung seien notwendig.
Abgerutscht
Im IMD World Competitiveness Ranking, das 64 Staaten vergleicht, ist Österreich von Platz elf im Jahr 2007 auf Platz 24 im Jahr 2023 abgerutscht. In den Jahren 2019 bis 2022 haben österreichische Unternehmen 46 Milliarden Euro im Ausland investiert. Im Gegenzug haben ausländische Firmen nur knapp 19 Milliarden Euro hierzulande investiert. Daraus könne man rückschließen, dass es Österreich eine schleichende Deindustrialisierung droht, die letztendlich zu einem Wohlstandsverlust führen wird.
Diese Befürchtung teilt auch Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl. Ihm sind zwei Unternehmen bekannt, die sich aktuell mit einer möglichen Verlagerung der Standorte nach Asien oder in die USA befassen. Nennen könne er sie nicht. Aber dass immer mehr Unternehmen darüber nachdenken, verwundere ihn nicht. Seit Jahren habe er eindringlich gewarnt, dass die Lohnkosten zu hoch, die geleisteten Stunden zu niedrig und die Fachkräfte knapp sind. Doch diese Warnungen seien weggewischt worden und nun bekomme man die Rechnung präsentiert.
Lichtblicke sind, dass Unternehmen wie Treibacher Industrie AG trotz der aktuellen Herausforderungen, Millioneninvestitionen tätigen. Doch es gibt auch Firmen wie etwa Wild, die aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung den neuen geplanten Standort im Technolgiepark Villach vorerst auf Eis gelegt haben.