Die Finanzmarktaufsicht (FMA) sieht den österreichischen Finanzmarkt in guter Verfassung. Laut der Behörde verbesserte sich die Kapitalausstattung der Banken 2023 erneut und die Versicherer verfügten über genügend Mittel zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen. Allerdings hinterließ die schwierige wirtschaftliche Lage auch Spuren, vor allem im Immobiliensektor und bei entsprechenden Krediten, sagte FMA-Vorstand Eduard Müller am Dienstag bei der Vorstellung der Jahresbilanz.
„Österreichs Finanzwirtschaft ist trotz vieler Herausforderungen resilient und stabil“, versicherte er. So steigerte sich die Kernkapitalquote der österreichischen Banken 2023 erneut und auch die Versicherungsunternehmen seien gut durch die von hoher Inflation und schwächelnder Wirtschaft geprägten Jahre nach der Corona-Pandemie gekommen.
Vor allem aufgrund der gestiegenen Leitzinsen, die von den Banken bei Krediten schneller weitergegeben wurden als bei Sparzinsen, sprudelten die Einnahmen der Geldhäuser. Auf der Kehrseite verschlechterte sich jedoch die Kreditqualität, was zu einer Erhöhung der Quote ausfallender Kredite (NPL) führte, besonders bei Gewerbeimmobilien. Für Banken sei das Risiko daher nicht gebannt, und auch die Konsumentinnen und Konsumenten, vor allem jene mit variablen Krediten, spürten den Druck der Zinswende: Diese hätten „bitteres Lehrgeld“ bezahlt, so Müller.
Signa-Pleiten? „Ausmaß ist für heimische Banken verkraftbar“
Geht es nach der FMA-Spitze, sollte die KIM-Verordnung, die strenge Kriterien für die Vergabe von Krediten vorschreibt, auch in Zukunft beibehalten werden. Das sei wichtig, um die Stabilität der Banken weiter zu gewährleisten. Müller sah sich dabei auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) bestätigt, der den österreichischen Kurs bei den Regeln zur Kreditvergabe kürzlich nach einer Prüfung begrüßt habe.
Eine Gefahr für den österreichischen Bankensektor durch die Signa-Pleitewelle und das Exposure der Geldhäuser ortet die FMA-Spitze indes nicht. „Das Ausmaß ist für die heimischen Banken verkraftbar“, so Müller. Wie hoch das Volumen an offenen Signa-Krediten im heimischen Bankensektor genau ausfällt, ist nicht bekannt. Kolportiert wurde zuletzt eine Summe von rund 2,2 Mrd. Euro.
„Wir behandeln alle Anfragen gleich“
Ettl sieht auch keine Sonderbehandlung der Signa durch die Aufsichtsbehörde. „Wir behandeln alle Anfragen gleich“, sagte er am Rande der Pressekonferenz. Hintergrund ist der Versuch des Ex-Aufsichtsratschefs des insolventen Immobilienkonglomerats, Alfred Gusenbauer, über Ettl Kontakt zur Europäischen Zentralbank (EZB) herzustellen. Diese hatte an Banken im Sommer 2023 eine Warnung ausgesprochen, bei der Kreditvergabe an Signa vorsichtig zu sein.
Der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Gusenbauer verfasste im September 2023 einen Brief an Ettl, in dem er die Vorgangsweise der EZB als „nicht erklärlich“ bezeichnete. Im Namen von Signa schrieb er: „Wir bitten Dich um Unterstützung bei der Aufklärung der Sachlage und stehen jederzeit für Gespräche - auch mit Vertretern der EZB - zur Verfügung.“ Nach Bekanntwerden des Briefs bestätigte die FMA dessen Einlangen. Die Anfrage habe man damals an die zuständige Bankenaufsicht der Zentralbank weitergeleitet, hieß es von der österreichischen Aufsicht.
Eine derartige Vorgehensweise sei nicht außergewöhnlich, hielt Ettl, darauf angesprochen, am Dienstag fest: Jährlich gingen bei der Behörde etwa 2.000 Zuschriften von unterschiedlichsten Personen und Organisationen - „von prominenten und weniger prominenten“ Stellen - ein. Mit den diversen Anliegen und Beschwerden verfahre man immer gleich, versicherte Ettl.
RBI „jedenfalls gut aufgestellt“
Als finanziell stabil erachtet die FMA auch die Raiffeisen Bank International (RBI), die zuletzt ihren Plan, mit einer komplexen Transaktion eingefrorene Gelder aus Russland zu holen, aufgab. Das Geldhaus sei jedenfalls gut aufgestellt, selbst wenn die RBI mittelfristig ihre russische Tochter voll abschreiben müsste, zeigte sich FMA-Vorstand Helmut Ettl überzeugt.
Thema war am Rande der Pressekonferenz auch der FMA-Vorstand selbst. Er überlege, sich für den bereits jetzt ausgeschriebenen Posten zu bewerben, sagte Müller.
In den Fokus der Aufsicht rückte neben dem kriselnden Immobiliensektor nach eigenen Angaben unter anderem das Thema Greenwashing. Aber auch die „Sauberkeit“ des Finanzplatzes, also unter anderem der Kampf gegen Geldwäsche, sei von der Aufsicht im vergangenen Jahr nicht vernachlässigt worden, wie Ettl betonte. 2023 stand der FMA für ihre Tätigkeiten ein Gesamtbudget von 89,3 Millionen Euro (2022: 78,4) zur Verfügung. Mit 424 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beaufsichtigte sie 884 konzessionierte Unternehmen.