Der Direktor des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), Mario Holzner, sieht die Handlungsoptionen der Raiffeisen Bank International (RBI) nach dem geplatzten Strabag-Deal eingeschränkt. Als einen der möglichen Wege für den Russland-Ausstieg ortet er einen Verkauf der Tochter an eine russische Bank. Allerdings sei die Gefahr groß, dass potenzielle Käufer mit Sanktionen belegt sind, gab er am Freitag im „Ö1-Morgenjournal“ zu bedenken.
Mit der komplexen Transaktion wollte die RBI eingefrorene Gewinne aus Russland holen. Nach dem Plan der Bank sollten die ursprünglich vom russischen Oligarchen Oleg Deripaska gehaltenen Anteile an dem österreichischen Baukonzern Strabag von der russischen RBI-Tochter erworben werden und dann als Sachdividende an den Mutterkonzern fließen. Als Zwischenschritt war dabei der Verkauf der von Deripaska kontrollierten Aktien an einen russischen Investor namens Iliadis vorgesehen. Dieser erfolgte zwar Ende März, aufgrund sanktionsrechtlicher Bedenken ließ die RBI den Deal letztlich aber doch platzen.
Druck der US-Behörden
Aus Sicht von Holzner liegt dies insbesondere am Druck der US-Behörden auf das Geldhaus. So könne es sich keine größere westliche Bank „leisten, aus dem Dollargeschäft herausgeworfen zu werden, und das ist das, was die US-Sanktionsbehörden sicherlich angedroht haben“. Selbst wenn der Plan rechtlich unbedenklich gewesen wäre, habe er „offensichtlich gegen den Geist der Sanktionen verstoßen“, so der Ökonom. „Und das wird wahrscheinlich auch das gewesen sein, was die US-Sanktionsbehörden angemerkt haben.“
Nun befinde sich die RBI in einer „Zwickmühle“. Denn einerseits müsse das Management bei einem Russland-Exit darauf achten, den finanziellen Schaden für die Eigentümer gering zu halten. Auf der anderen Seite werde der politische Druck im Westen nicht geringer. Hinzu komme noch das Interesse der Russen, die „gerne eine große Bank in Russland haben, über die sie noch Transaktionen mit dem Westen durchführen können“. In dieser Gemengelage müsse die Bank nun einen „Mittelweg“ finden, was „nicht leicht für das Management“ sei.
Verkauf der Tochter an eine russische Bank?
Für die Entkonsolidierung des Russland-Geschäfts – welche die Bank eigenen Angaben zufolge nach dem Scheitern des Strabag-Deals weiter anstrebt – identifiziert Holzner die Option eines Verkaufs der Tochter an eine russische Bank. Jedoch könnten sich auch hier Probleme ergeben, denn: „Mit jedem Käufer, der aus Russland kommt, ist es schwierig. Hinter vielen dieser Konstrukte steht dann letztlich eine Person, die sich unter westlichen Sanktionen befindet.“ Ein möglicher russischer Eigentümer erhöhe die Gefahr eines Ausschlusses vom westlichen Zahlungssystem, was wiederum mit einem Wertverlust der russischen RBI-Tochter einhergehen würde, glaubt der wiiw-Direktor.