Die Dimensionen sind bemerkenswert – und so in der Steiermark noch nie da gewesen. Die Österreich-Gesellschaft des massiv strauchelnden US-amerikanisch-dänischen Elektroautobauers Fisker hat, wie berichtet, einen Insolvenzantrag eingebracht. Die Gesellschaft mit Sitz in Graz hat nun laut AKV und KSV1870 Passiva von 1,34 Milliarden Euro (Buchwert) im Insolvenzantrag vermerkt. Wie setzen sich diese Verbindlichkeiten zusammen? Sie setzen sich, so der AKV, „großteils aus Verbindlichkeiten gegenüber Gruppengesellschaften zusammen“. So entfallen auf diese sogenannten „Intercompany-Verbindlichkeiten“ 1,267 Milliarden Euro.
Die Aktiva sollen auf Buchwertbasis bei 959 Millionen Euro liegen, so der KSV1870. Die Gläubigerschützer von Creditreform beziffern – zu Liquidationswerten, daher die große Diskrepanz – die Aktiva mit lediglich 66,3 Millionen Euro.
Von der Insolvenz sind laut Creditreform rund 615 Gläubiger betroffen. Aktuell beschäftige das Unternehmen 47 Dienstnehmer. Der AKV führt zu den Aktiva Folgendes an: Diese werden „zu konservativ geschätzten Liquidationswerten mit 40,472 Millionen Euro und zu weniger konservativ geschätzten Liquidationswerten mit 66,33 Millionen Euro beziffert“.
Fisker lässt bei Magna in Graz das E-Auto „Ocean“ bauen – die Produktion ist aber schon länger gestoppt.
Beantragt wurde ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz. Die Insolvenzgläubiger sollen eine Quote von 30 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren ab Annahme des Sanierungsplans, erhalten. Die Antragstellerin strebe „die Fortführung des Unternehmens an. Restrukturierungsmaßnahmen sollen Platz greifen“, so der KSV1870. Das Erfordernis für die Erfüllung des Sanierungsplans soll demnach aus dem schuldnerischen Vermögen finanziert werden. Allenfalls sollen weitere notwendige finanzielle Mittel durch einen potenziellen Investor der Fisker Inc. zur Verfügung gestellt werden.
Ursprünglich hatte Fisker ja geplant, von Magna in Graz 40.000 Autos pro Jahr produzieren zu lassen, allerdings wurden nur 10.000 gebaut – seit Längerem steht die Produktion nun bereits still. Magna musste bereits Ende des Vorjahres eine Schicht streichen und 450 Beschäftigte abbauen, vor Kurzem wurde die Kündigung von weiteren 500 Mitarbeitern kommuniziert.
Tiefe Liquiditätskrise
Zu den Insolvenzursachen führt Fisker im Antrag laut KSV1870 an: „Die selbst erwirtschafteten Liquiditätszuflüsse aus dem eigenen Geschäft können die Zahlungsfähigkeit als eigenständiges Unternehmen derzeit nicht aufrechterhalten. Dies wird nicht zuletzt auf einen starken Rückgang der weltweiten Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, hohe Zinssätze und Preiskämpfe zwischen verschiedenen Elektroautomobilherstellern zurückgeführt.“
Darüber hinaus wirken sich „ein langsames Onboarding von Händlern – während der Umstellung von einem Direktvertriebs- zu einem Händlervertriebssystem –, ein negativer globaler Ausblick auf Elektrofahrzeuge und der Verlust einer Überbrückungsfinanzierung negativ auf die Liquidität der schuldnerischen Gesellschaft aus“.
So musste die Produktion für mehrere Wochen unterbrochen werden und wurde, wie berichtet, bis dato auch nicht wieder aufgenommen. Ob das noch einmal erfolgt, ist fraglich. Die Liquidität der schuldnerischen Gesellschaft und der Fisker-Gruppe sei „vornehmlich durch die Fisker US zentral finanziert worden“, doch auch Fisker US steckt in einer bedrohlichen Liquiditätskrise. „Trotz umfangreicher Sanierungsbemühungen waren Fisker US und die Schuldnerin bis dato nicht in der Lage, ausreichend Liquidität zu schaffen“, wird weiters aus dem Insolvenzantrag zitiert.
„Der zu bestellende Sanierungsverwalter wird nunmehr zu prüfen haben, ob eine Fortführung im Interesse der Gläubiger liegt und der vorgelegte Sanierungsplan eingehalten werden kann“, so Brigitte Peißl-Schickmair, Leiterin Unternehmensinsolvenz Graz beim KSV1870.
Die erste Gläubigerversammlung wird laut Creditreform am 28. Mai abgehalten, die Berichts- und Prüfungstagsatzung ist am 25. Juni und der Termin für die Abstimmung über den Sanierungsplan wurde auf den 8. August anberaumt.