Es ist ein Mix aus realistischer Bestandsaufnahme und zarter Zuversicht, mit dem Dieter Hengl die konjunkturellen Perspektiven absteckt. Der Firmenkundenvorstand der Unicredit Bank Austria betont: „Der Konjunkturhimmel hellt sich leicht auf, eine Belebung der Wirtschaft ab dem Halbjahr ist in Sicht“, um nachzulegen: „Doch es bleibt ein Aufschwung mit angezogener Handbremse.“ Für dieses Jahr erwarten die Ökonomen der Bank Austria ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent in Österreich, 2025 könnten es dann 1,5 Prozent sein. Hengl nennt einige Faktoren, die zu potenziellen konjunkturellen Treibern werden dürften: Zum einen sei für 6. Juni davon auszugehen, dass die Europäische Zentralbank die Zinswende einläutet – mit einer Leitzinssenkung von 0,25 Prozentpunkten auf dann 4,25 Prozent. Hengl geht dann für heuer von zwei weiteren Senkungen in diesem Ausmaß für das dritte und vierte Quartal aus.
Das sei psychologisch wichtig, senke aber auch die Finanzierungskosten und könnte, so die Erwartung, für Rückenwind bei der Wirtschaftsentwicklung und damit bei Investitionen sorgen. Auch die höheren Reallohnzuwächse, die den Konsum ankurbeln sollten, sowie Erholungstendenzen im Export stimmen ihn optimistisch, dass es wirtschaftlich sukzessive wieder bergauf geht. Zu beobachten sei zudem eine „Trendwende im Lagerzyklus, in den Unternehmen geht der Lagerabbau dem Ende zu“, sagt Hengl. Eine Insolvenzwelle könne er – trotz zuletzt steigender Zahlen – nicht erkennen.
Gegenwärtig, so räumt er ein, „ist bei Investitionen aber noch Zurückhaltung zu sehen“. Bei Firmenkrediten registriere sein Haus dennoch ein „zumindest verhaltenes Wachstum“. Die Projektpipeline sei derzeit jedenfalls um zehn Prozent stärker gefüllt als noch vor einem Jahr, so Hengl. „Die Finanzierungswünsche und auch der Optimismus haben zugenommen, auch wenn sich einige Projekte nach hinten verschieben.“
Gefragt seien auf Kommerzebene Finanzierungen für Akquisitionen, „in vielen Betrieben sieht man sich aktiv nach Übernahmezielen um“. Auch Investitionen in Transformationsthemen, etwa zur Reduktion von Energie-, CO2-, aber auch von Wasserverbrauch seien gefragt. Und da auch die Kosten steigen, insbesondere beim Personal, fließe auch viel Geld in Effizienzsteigerungen und Produktionsoptimierungen.
Die Bank Austria wolle für ihre Unternehmenskunden die Angebotspalette noch verbreitern: „Wir wollen Klein- und Mittelunternehmen, KMU, mit neuen digitalen Betreuungsmodellen, die aber stets auch mit persönlichen Betreuern hinterlegt sind, noch besser unterstützen.“ Hengl ortet hier ein wichtiges Wachstumsfeld, „wir kommen so auch zu schnelleren Kreditentscheidungen“.
Stichwort Kreditvergaben. „Nachhaltigkeit ist für uns und unsere Kunden ein strategisches Thema.“ Das müsse es auch sein, so Hengl. „Wir sind mitten in der Umsetzungsphase der neuen Berichtspflichten, das stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen.“ Hinter den drei Buchstaben ESG (“Environmental Social Governance“ – „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“) verbirgt sich ein Regelwerk, das Unternehmerinnen und Unternehmer immens fordert. „ESG-Kriterien sind mittlerweile integraler Bestandteil des Risikomanagements“, betont Hengl. Banken müssen das „in die Kreditbeurteilung mit einfließen lassen“. Man schaue sich etwa an, „wie Unternehmen beispielsweise von direkten Folgen des Klimawandels betroffen sind und ob das Geschäftsmodell nachhaltig und damit mittelfristig zukunftsfähig ist“. All das spiele bei der Kreditentscheidung eine Rolle. „Wir empfehlen Kunden, sich intensiv damit auseinanderzusetzen.“ Nicht nur Finanzinstitute würden diese Daten benötigen, „sondern insbesondere die Kunden unserer Kunden – sonst kommt man in der Lieferkette womöglich überhaupt nicht zum Zug“. Auf ESG-Seite habe man neben eigenen Expertenteams auch ein Beratungstool, das Nachhaltigkeits-Barometer, etabliert, „damit können Kunden eine Standortbestimmung und Branchenvergleiche vornehmen“.