Der Wirtschaftsstandort Österreich blickt auf ein Jahrzehnt des Stillstands zurück und die Gefahr eines Abstiegs ist größer denn je, geht aus einer aktuellen Deloitte-Studie hervor. Drei von vier Unternehmen sehen die Gefahr der De-Industriealisierung in Österreich. Produktionsverlagerungen und damit Arbeitsplatzvernichtungen sind bereits Realität - und nehmen zu. Wettbewerbsfähigkeit büßt Österreich demnach vor allem durch seine hohen Arbeitskosten ein. Aber auch durch Bürokratie und die schwindende Energiesicherheit bei steigenden Energiekosten. Konkret wollen 41 Prozent der Industrie- bzw. Industrie nahen Betriebe ihre Investitionen zukünftig nicht in Österreich tätigen, zitiert Kärntens Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl aus der Studie.
Mandl leitet daraus eine „ernsthafte Standortgefährdung und eine Wohlstandsvernichtung“ ab - für Österreich generell und Kärnten als exportorientiertes Bundesland im Speziellen. Standort-Alarm geben Kärntens Unternehmerinnen und Unternehmer vor allem aufgrund der lahmenden Energiewende.
Energiewende, welche Energiewende?
Herwig Draxler, der als Leiter der WK-Abteilung Wirtschaftspolitik auch Standortanwalt ist, gibt ihre Forderungen zu Protokoll:
Genehmigungen für größere PV-Projekte über vier Hektar,
Ausbau der 110 KV-Leitung in Mittelkärnten bzw. im Görtschitztal,
Lückenschluss der 380 KV-Leitung zwischen Völkermarkt und Lienz,
Lückenschluss der West-Austria-Gasleitung („Gas wird noch lange ein wesentlicher Energieträger sein“),
Anschluss an die geplante LNG-Infrastruktur in Venedig und Krk durch die bestehende und durch Kärnten laufende Gas-Pipeline und Nutzung dieser Pipeline in Zukunft auch für Wasserstoff, und nicht zuletzt
schnellere Verfahren für Windkraft in Kärnten. Mandl: „Zwischen Einreichung und Genehmigung vergehen oft zehn Jahre. Inzwischen gibt es andere Technologien. Alles muss wieder von vorne beginnen. Das ist eine Veräppelung des Antragstellers. Außerdem sind trotz Genehmigung immer noch Türen für Klagen und weitere Klagen offen. Wir können uns das nicht mehr leisten.“
„Diese Mini-Geschichten“
Dass sich auch Wirtschaftskammer-Direktor Meinrad Höfferer zur Sache äußert, verdeutlicht die Tragweite des drohenden Standortinfarktes. „Mit diesem langsamen Erneuerbaren-Ausbau, diesen Mini-Geschichten, diesen Kinkerlitzchen kommen wird nicht weiter. Wir brauchen die Windkraft für den Winter.“ Bedrohungspotenzial hat für Höfferer auch die Ankündigung der Ukraine, ihre mit Ende des Jahres auslaufenden Gasdurchleitungs-Verträge mit Russland nicht zu verlängern. „Während große Teile Europas in die letzten beiden Jahre zum Aufbau von alternativen Energieinfrastrukturen genutzt haben, hat Österreich diese Umstellungsphase verschlafen. Fangen wir also an, sonst ist Kärnten ein Museum. Die Draukraftwerke und ihre Staustufen sind auch nicht in einem Jahr gebaut worden.“