Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann hält nicht viel von zwei rasch aufeinanderfolgenden Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juni und im Juli. Eine Zinssenkung der EZB im Juni würde er unterstützen, sollten die dann vorliegenden Daten mitspielen, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) dem „Platow Brief“ in einem aktuellen Interview. Auf der Zinssitzung im Juli würde er dagegen zunächst abwarten.
„Ja, im Juli haben wir keine neuen Informationen, daher würde ich von einem weiteren Schritt absehen“, sagte er. „Ich sehe keinen Grund, warum wir gleich zwei Schritte hintereinander setzen sollten.“
Zuletzt hatten sich viele Währungshüter der EZB für eine erste Zinssenkung auf der kommenden geldpolitischen Sitzung am 6. Juni ausgesprochen, sollten die Inflationsdaten die Einschätzung bestärken, dass die Teuerung auf das Notenbankziel von 2,0 Prozent Inflation zusteuert. Im April lag die Inflationsrate in der 20-Länder-Gemeinschaft wie schon im März bei 2,4 Prozent. Zur Juni-Zinssitzung in Frankfurt werden den Euro-Wächtern neue Konjunktur- und Inflationsprognosen der EZB-Volkswirte vorliegen. Diese vierteljährlich erstellten Projektionen sind eine wichtige Entscheidungshilfe für die Euro-Wächter.
Auf die Frage, ob nach Juni mit einer ganzen Serie von Zinssenkungen zu rechnen sei, sagte Holzmann, er sehe keinen Automatismus. „Unsere Entscheidungen hängen von den Daten ab“, merkte er an. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, dann kann man sich vorstellen, dass es in diesem Jahr noch eine oder zwei Senkungen gibt, aber wenn die Entwicklung nicht so ist, dann eben nicht.“ Je mehr Daten und Modelle darauf hinwiesen, dass die EZB ihr Inflationsziel 2025 erreiche, desto mehr Zinssenkungen seien angebracht.
„Auch Kerninflation ist höher geblieben“
Zu den Risiken für eine Lockerung der Geldpolitik zählt Österreichs Notenbank-Gouverneur, dass der Preisanstieg bei den Dienstleistungen weiter hoch sei. „Auch die um Energie und Nahrungspreise bereinigte Kerninflation ist höher geblieben“, sagte er. Ein sehr gefährlicher Faktor sei außerdem immer noch die Geopolitik. „Meine Befürchtung ist, dass ein Tanker in der Straße von Hormus angeschossen wird oder es gar zu dauerhaften Kämpfen zwischen Israel und Iran kommt.“ Dann müsste Holzmann zufolge mit einer längeren Erhöhung der Ölpreise gerechnet werden. „Das wäre ein Grund, unsere Inflationsprognose wieder in Frage zu stellen.“
Den Vorschlag von EZB-Direktorin Isabel Schnabel, ähnlich wie bei der US-Notenbank Fed Zinsprognosen - dort „dot plots“ genannt - einzuführen, die die EZB-Ratsmitglieder abgeben, hält Holzmann für diskussionswürdig. „Eine andere Variante wäre zum Beispiel, dass man bei wichtigen Entscheidungen formell abstimmt“, führte er aus. Dabei hätten Ratsmitglieder, die gegen einen Beschluss sind, Holzmann zufolge die Pflicht, ihren Standpunkt in einem Statement zu erklären. „Nur dot plots einzuführen, geht aus meiner Sicht nicht.“ Insgesamt gebe es immer noch ein hohes Maß an Intransparenz, was nicht gut sei.