Die OMV hat Schiedsverfahren gegen den russischen Gazprom-Konzern eingeleitet, „und zwar mit dem Zweck, die vertraglich vereinbarten Rechte der OMV zu wahren“, bestätigte OMV-Chef Alfred Stern am Dienstag erstmals offiziell gegenüber der APA. Dabei gehe es unter anderem um die OMV-Beteiligung am russischen Gasfeld Juschno-Russkoje, sagte Stern. Dort wurde die OMV per Dekret de facto enteignet.
„Wir haben aber mehrere Schiedsverfahren eingeleitet, um die Rechte der OMV zu wahren.“ Von russischer Seite sei daraufhin in den letzten Wochen ein Anti-Klage-Verfahren eingeleitet worden, dem im Zusammenhang mit dem Gasfeld am St. Petersburger Handelsgericht auch stattgegeben worden sei. „Wir sehen diese Verfahren als illegitim an und erkennen auch den Gerichtsstand St. Petersburg nicht an, da wir vertraglich geregelt haben, wie und wo mögliche Dispute geregelt werden müssen.“ Man habe über diese Gerichtsverfahren keine Veröffentlichungen gemacht, „weil es sich um privatwirtschaftliche Verträge handelt und Gerichtsverfahren nicht von einer öffentlichen Diskussion profitieren“, begründete der OMV-Chef die Tatsache, dass die OMV nach Angaben des St. Petersburger Gerichts den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt hatte.
Stockenden Verhandlungen mit Abu Dhabi
Eine andere Baustelle, die den OMV-Chef seit Monaten beschäftigt, sind die stockenden Verhandlungen mit Abu Dhabi rund um den geplanten Zusammenschluss der OMV-Tochter Borealis und dem ADNOC/Borealis-Joint-Venture Borouge. Hier war mit einem Abschluss der Gespräche schon bis Ende 2023 gerechnet worden. Man sei hier in „laufenden, ergebnisoffenen Verhandlungen“, hält Stern am bisherigen Wording fest. „Wir verhandeln im besten Interesse der OMV, der Aktionäre der OMV und der Mitarbeitenden.“
Einen Nachfolger für Borealis-Chef Thomas Gangl, von dem man sich einvernehmlich getrennt habe und der die Borealis Ende Juni verlassen wird, werde man so bald wie möglich bekanntgeben.
Die OMV hat im 1. Quartal 2024 wegen stark gesunkener Gaspreise, einer geringeren Auslastung der Raffinerien und eines geringen Beitrags aus dem Tankstellengeschäft deutlich weniger verdient als im gleichen Quartal des Vorjahres. Der Umsatz ging um ein Viertel auf 8,17 Mrd. Euro zurück, der Periodenüberschuss vor Sondereffekten brach um ein Drittel auf 696 Mio. Euro ein, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte.
Stern zeigt sich dennoch zufrieden. „Die OMV hat einen robusten Start ins Jahr 2024 hingelegt, und das in einem Umfeld, in dem die Gaspreise auf einem Niveau sind, wie zuletzt vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Das zeigt uns, dass unser integriertes Geschäftsmodell aus den drei Segmenten Chemie, Kraftstoffe und Energie ein sehr robustes ist und auch in diesen verschiedenen Zyklen sehr gute Ergebnisse erzielen kann.“
„OMV ist auf Kurs“
Die vorübergehende Erholung des Geschäftsbereichs Chemicals & Materials sei erfreulich, auch wenn es wahrscheinlich noch keine grundlegende Verbesserung der Nachfrage in Europa gebe. „Trotz der schwierigen geopolitischen Lage, gestörten globalen Lieferketten und einer schwachen Verbrauchernachfrage in Europa ist die OMV auf Kurs, die Ziele ihrer Strategie 2030 zu erreichen“, meint Stern.
Die OMV erzielte im 1. Quartal ein CCS Operatives Ergebnis vor Sondereffekten von knapp 1,48 Milliarden Euro, das war ein Rückgang um 29 Prozent. Diese Kennzahl ist besonders relevant in Branchen wie dem Öl- und Gassektor, in denen die Preise für Rohstoffe und Vorprodukte starken Schwankungen unterliegen. CCS steht für Current Cost of Supplies. Das bedeutet, dass das operative Ergebnis auf Basis der aktuellen Beschaffungskosten berechnet wird. Der Cashflow aus der Betriebstätigkeit sank um ein Drittel auf 1,82 Milliarden Euro.
„Ölpreise anhaltend hoch“
„Wir haben im ersten Quartal gesehen, dass die Ölpreise anhaltend hoch waren. Wir werden dementsprechend unsere Vorhersage für das Gesamtjahr von 80 auf 85 Dollar pro Barrel erhöhen“, sagte Stern. „Wir haben aber umgekehrt gesehen, dass die Gaspreise sehr stark gefallen sind und sich jetzt wieder dem Niveau annähern, das wir vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatten. Wir waren da etwas unter 30 Euro pro Megawattstunde für das erste Quartal. Hier werden wir unsere Vorhersage für das Gesamtjahr anpassen: Wir hatten bisher 30 bis 35 Euro pro Megawattstunde und werden jetzt knapp unter 30 Euro für das Gesamtjahr annehmen.“ Die erwartete Öl- und Gasproduktion bleibt zwischen 330.000 und 350.000 Fass pro Tag.
Bei den Raffinerien und Tankstellen habe es eine gute Nachfrage gegeben. „Allerdings waren wir mit unserer Auslastung am niedrigeren Ende, teilweise durch die verzögerte Inbetriebnahme der Co-Processing-Anlage hier in Schwechat.“
Stern betont regelmäßig, wie wichtig es für die OMV sei, weniger umweltschädlich zu produzieren. Deshalb habe man sich entschlossen, der Öl- und Gas-Methanplattform beizutreten. Diese Vereinigung der UNO kümmere sich darum, dass die Methan-Emissionen international vergleichbar gemessen werden. Ziel der OMV sei es, bis 2030 fast kein Methan mehr zu emittieren.