Seit Tagen will die Debatte um die Arbeitszeiten in Österreichs Wirtschaft nicht abebben. Nachdem die Industriellenvereinigung – vor dem Hintergrund der gewerkschaftlichen und Bundes-SP-Forderungen nach einer 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich – eine 41-Stunden-Woche ohne Zuschläge in Spiel gebracht hatte, läuft die Debatte auf Hochtouren.
In Kärnten geben 38.144 Unternehmen 190.724 Menschen Arbeit, die ihnen wiederum ihre Arbeitszeit geben. Zum Tag der Arbeitgeber am 30. April beziehen sie Stellung mit dem Grundtenor, dass Leistung sich lohnen sollte.
„Mich wundert das Missverhältnis zwischen dem geringen Echo auf die Forderung der Arbeitnehmer nach einer 32-Stunden-Woche und dem Aufschrei nach der Forderung der Industrie nach einer 41-Stunden-Woche – bei letzterer geht es ja nur um eine einzige Stunde“, sagt Unternehmer Otmar Petschnig, Geschäftsführer der Fleischmann & Petschnig Gruppe. Er selbst handhabt die Arbeitszeiten in seinem Betrieb flexibel. „Eine Verkürzung an Stunden bzw. Tagen wäre für uns allerdings eine Riesenherausforderung, denn dann haben wir, die wir im Bau- und Baunebengewerbe tätig sind, noch weniger regenfreie Tage, also Arbeitstage auf der Baustelle.“
Hotelierin Marlies Tschernitz, die gemeinsam mit ihrem Mann Andreas den Streklhof bei Velden führt, ist dafür, „Leistung zu entlohnen“. Will heißen: mehr Leistung – mehr Lohn, denn „Wohlstand entsteht nur aufgrund von Leistung“. Die Forderung nach partout mehr oder aber partout weniger Arbeitsstunden versteht Tschernitz nicht: „Wir in der Hotellerie, die wir ja ohnehin Umsatz machen mit der Freizeit anderer, bedienen uns dynamischer Zeitmodelle. Wir haben sogar Mitarbeiter, die – natürlich freiwillig – 48-Stunden-Wochen haben und die dafür aber nur neun Monate im Jahr arbeiten. Und in einem Saisonbetrieb wie dem unseren arbeiten viele gerne in einer Sechstagewoche.“ Aber auch 30-Stunden-Wochen sind möglich.
„Unsere Mitarbeiter verdienen zu wenig – aber nicht, weil wir ihnen zu wenig zahlen, sondern weil die Steuerlast auf Arbeit so hoch ist“, sagt GreenOneTec-Chef Robert Kanduth. „Wir liefern in 49 Länder der Erde, können die hohen Lohnerhöhungen in unseren Preisen nicht weitergeben. Wenn jetzt noch jemand eine Arbeitszeitverkürzung fordert, schießen wir uns selbst aus dem Wettbewerb und haben am Ende keine Aufträge – und keine Arbeit mehr“, so Kanduth.
Georg Schnaubelt, Geschäftsführer des Kunststoffbehälter-Entwicklers Europlast in Dellach im Drautal, sieht die 41-Stunden-Debatte „als zulässigen Gegenpol in Zeiten, in denen so viele weniger arbeiten wollen“. „Wir werden den Wohlstand global nicht halten können, wenn wir uns weniger anstrengen als andere“, sagt Schnaubelt. „Ein Skifahrer, der nur die Hälfte trainiert, wird auch nicht den Weltcup gewinnen.“ Generell plädiert Schnaubelt dafür, den Stellenwert von Arbeit zu heben „als etwas Erfüllendes und Schönes“.
So sieht es auch Michael Velmeden, Geschäftsführer von Cms Electronics. „Natürlich muss man sich mit der modernen Arbeitswelt auseinandersetzen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter wahrnehmen“, sagt der Manager. „Aber die Unternehmen haben aktuell sowohl mit Arbeitskräftemangel also auch mit der starken Inflation zu kämpfen, die unsere Kosten treibt. Dazu die hohen Lohnstückkosten. Der Faktor Arbeit gehört steuerlich entlastet und der Übergang von Teilzeit zu Vollzeit gehört attraktiver gemacht.“
Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl fordert steuerliche Entlastungen bei Überstunden und für Pensionisten und Anreize für mehr Leistung. „In der Schule soll es keine Noten mehr geben, im Sport keine Torstatistiken und im Beruf sind viele nicht mehr bereit, Leistung zu bringen.“ Mandl ortet gar eine „Pandemie der Wohlstandsverwahrlosung.“ „Das Steuersystem muss die Menschen motivieren, zu arbeiten. Statt Leistungsanreize zu setzen, hält es aber die Menschen vom Arbeiten ab. Wer von 20 auf 40 Wochenstunden aufstockt, arbeitet um 100 Prozent mehr – und bekommt dafür in Österreich nur 72 Prozent mehr netto. Haben wir als Gesellschaft das Arbeiten verlernt? Das fängt schon bei dem Begriff Work-Life-Balance an, der Arbeit und Leben als Gegensätze darstellt.“ Und auch Velmeden sagt: „Arbeit ist Teil des Lebens. Und es geht doch darum, Leben zu gestalten.“