Nach dem Rekord ist vor dem Rekord: Dass die ÖBB und der Postbus die Marke von 500 Millionen Passagieren knacken, ist eher eine Frage von Monaten als von Jahren. Sechs Millionen Gäste fehlen auf das einst für 2030 anvisierte Ziel. „Die Pünktlichkeit hat naturgemäß unter den steigenden Passagierzahlen gelitten“, räumt man bei der Bahn ein.
280.000 verkaufte Klimatickets und mehr Touristen aus dem Ausland hatten im Vorjahr für den Schub von 15 Millionen mehr Fahrgästen im Vergleich zum Vor-Pandemiejahr 2019 gesorgt. „Der Zustrom ist stark“, so ÖBB-Chef Andreas Matthä. Die Ergebnisse, die die Bahn einfuhr, konnten nicht mithalten.
Knapp 112 Millionen Euro beträgt das Vorsteuerergebnis EBT. 42 Prozent oder 81,6 Millionen Euro weniger als 2022. Das war keine böse Überraschung, lag sogar leicht über Plan. Der Rückgang hat viele Gründe: 2022 hatte die Staatsbahn durch den konzerninternen Verschub einer Tochter mit 50 Millionen Euro bilanztechnisch profitiert. Am massivsten schlugen um 267 Millionen Euro höhere Personalkosten zu Buche. Die ÖBB beschäftigten Ende 2023 mit 45.041 Mitarbeitern um 670 Menschen mehr als Ende 2022, zudem war der zwei Jahre geltende Lohnabschluss hoch.
„Die Ticketpreise haben wir nur um 5,8 Prozent angehoben“, so Matthä, „das war eine wichtige Maßnahme, um kein Inflationstreiber zu sein“. Zudem hatte der Konzern um 55 Millionen Euro höhere Stromkosten.
Die ehrgeizige Expansionsstrategie im Gütertransport geht derzeit dagegen nicht auf. „Auf den ersten Blick schaut das Ergebnis gut aus“, sagt die Finanzchefin des ÖBB-Konzerns, Manuela Waldner, bei der Bilanzpressekonferenz. „Tatsächlich war es aber das schwierigste Jahr seit 20 Jahren.“ Die Rail Cargo Group rutschte mit elf Millionen Euro in die roten Zahlen. Die Kostensituation begünstigte Lkw-Frächter. Nicht zuletzt infolge der Rezession in der Industrie brach die Rail Cargo-Transportleistung um 8,4 Prozent ein.
Die Rail Cargo Austria bekam laut Bilanz 131 Millionen Euro an Steuergeld über Verkehrsdienstbestellungen der öffentlichen Hand. Trotzdem ließ sich nur durch eine buchhalterische Aufwertung ein positives Ergebnis (EBT) von 13 Millionen Euro in der gesamten Rail Cargo Gruppe ausweisen. Die Mengen legten inzwischen wieder zu. „Wir wollen auch die internationalen Verkehre weiter verbessern und erwarten damit mehr Mengen“, kündigt Waldner an.
An der Cargo-Strategie hält die ÖBB unverändert fest. Man setzt auf große Lieferdistanzen, der längste von der Rail Cargo angebotene Transportkorridor reicht über die Türkei bis China. „Im Vergleich zur Straße“ wolle man sich zurück kämpfen, kündigt Bahnchef Matthä an. Der Cargo-Umsatz belief sich zuletzt auf 1,9 Milliarden Euro. Der Gesamtkonzern setzte 5,022 Milliarden Euro um. Die gesamten öffentlichen Leistungen für die Bahn betragen 3,7 Milliarden Euro (2022: 3,5 Milliarden). Davon gehen 2,1 Milliarden in den Tunnel- und Streckenausbau. Mit 1,5 Milliarden Euro bestellen Bund, Länder und Gemeinden Verkehrsangebote bei der Bahn.
Rekordhöhe erreichten mit 4,5 Milliarden Euro die Investitionen. Das meiste Geld fließt in Koralm-, Semmering- und Brennerbasistunnel. „Langsam im Anrollen sind nun auch endlich“, wie Matthä betont, die ersten neuen Züge von der langen ÖBB-Bestell-Liste bis 2030. Bis dahin hat die Bahn 330 neue Züge geordert, 30 sollen heuer kommen und 40 nächstes Jahr. Darunter sind auch 33 neue Nightjets, deren Passagierzahl von 1,5 Millionen auf drei Millionen bis 2030 verdoppelt werden soll. Zuletzt waren massive Lieferverzögerungen ein Grund dafür, dass es im ÖBB-Betrieb mehr hakte als sonst - neben Pünktlichkeitsproblemen der Deutschen Bahn, vielen Baustellen, häufigeren Unwettern und dem Passagieransturm.
Der Kauf der süddeutschen Regionalbahn „go ahead“ mit 1000 Mitarbeitern im Februar dürfte die ÖBB vorerst finanziell belasten. In Summe will der Konzern heuer aber ein besseres Ergebnis abliefern. Matthä: „Das brauchen wir auch für die Rückzahlung der Investitionen in das neue rollende Material.“