Wiener Wirtinnen und Wirte beklagen hohe Gebühren und strenge Vertragsbedingungen bei Essenszustellern, berichtet der „Standard“ (Donnerstag). Die Kritik richtet sich vor allem gegen den Lieferdienst Foodora. In einem offenen Brief an die Regierung, der dem „Standard“ vorliegt, fordern über 60 Gastronomen politische Unterstützung. Die Betriebe überlegen auch, ihre Essenszustellung aus Protest temporär einzustellen.
Die Gastronomen berichteten dem „Standard“ von Erpressung, enormer Abhängigkeit und Auflagen, die sie in die Verlustzone trieben. Viele Wiener Wirte erzielten laut Bericht bereits mehr als die Hälfte des Umsatzes über Hauszustellungen. Eigene Onlineportale aufzubauen und Fahrer einzustellen, könnten sich aber nur wenige leisten. Gäste, die früher direkt beim Wirt bestellten, bedienten sich nun ausschließlich großer Portale, die den Betrieben jedoch „immense Gebühren“ abverlangten, wird ein Wiener Unternehmer zitiert.
Kommission hat sich vervielfacht
Die Kommission betrage mittlerweile bis zu 35 Prozent, rechnete der anonym bleibende Wirt dem „Standard“ vor. In Zeiten der Coronapandemie sei die Kommission noch bei vier Prozent gelegen. „Mit zehn Prozent können wir leben, alles jenseits der 18 Prozent ist nicht finanzierbar.“ Auch gebe es Aktivierungsgebühren sowie „ominöse Servicepauschalen“. Wer den beiden Lieferdiensten keine Exklusivität zusichere, müsse außerdem mit höheren Kosten rechnen.
Die Essenszusteller Foodora und Lieferando wiesen die Kritik der Wirtinnen und Wirte als überzogen und unrichtig zurück. Foodora sprach von maximal 30 Prozent Provision. Vereinbarungen über Exklusivität wiesen beide Lieferdienste zurück. Es bestehe auch kein Zusammenhang zwischen Höhe der Provision und der Reihung auf der Online-Plattform.
Lieferando sprach gegenüber dem „Standard“ von einer durchschnittlichen Kommission von 13 Prozent pro Bestellung, zusätzliche 17 Prozent fielen nur an, wenn die gesamte Logistik an Lieferando ausgelagert werde. Zudem würden die Provisionen kaum die eigenen Personalkosten decken.
„Lieferando lässt Restaurants die freie Wahl ohne Exklusivbindung, erhebt weder eine Aktivierungsgebühr noch laufende Grundgebühren, schreibt seinen Restaurantpartnern keine Mindestumsätze vor und bietet Sackerl zum vergünstigten Selbstkostenpreis, wobei Gastronomen auch eigene oder neutrale nutzen können“, hieß es von Lieferando zur APA.
BWB untersucht Lieferdienste
Seit vergangenem Jahr stehen die Essenslieferanten auch im Fokus der Wettbewerbshüter. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat die Untersuchung der heimischen Lebensmittelbranche auf Lieferdienste ausgeweitet und befragt dazu Gastronomen nach ihren Erfahrungen. Der Bericht dazu wird noch heuer erwartet.