Europa und Österreich im Super-Wahljahr – und wenig Grund für Optimismus: Vor diesem Lage- und Stimmungsbild lud die Kleine Zeitung in Person von Geschäftsführer Thomas Spann und Chefredakteur Hubert Patterer diese Woche zum persönlichen Austausch mit Spitzenmanagern der Wirtschaft in die Wiener Redaktion. Gekommen waren Susanne Riess-Hahn (Wüstenrot), Leopold Berthold (Liebherr-MCCtec Rostock), Petra Bohuslav (Wiener Staatsoper), Harald Breit (Deloitte), Janis Jung (Palmers), Niels Kowollik (Mercedes Austria), Gundula Pally (Roland Berger), Johann Sischka (Waagner-Biro Stahlbau) sowie Christina Wilfinger (SAP).
„Wir haben de facto keine Wirtschaftspartei und auch keine Europapartei – und beides wird sich bei der Nationalrats- und EU-Wahl auswirken“, zeigte sich Ex-Vizekanzlerin und Wüstenrot-Generaldirektorin Riess-Hahn überzeugt. Sei es, dass Politik-Startups wie Marco Pogo bei Wahlen Stimmen gewinnen oder dass sich immer mehr qualifizierte Menschen davor hüten, sich in der Politik zu engagieren, weil das Risiko bestehe, vor einen Untersuchungsausschuss geladen oder vor Gericht angeklagt zu werden.
Für Deloitte-CEO Breit geht es den heimischen Unternehmen zwar laut Eigenauskunft gar nicht schlecht, doch die wirtschaftliche und geopolitische Umgebung wird als zunehmend bedrohlich wahrgenommen. „Die Politik schiebt diese Unsicherheit weg“, formuliert es Breit, „dabei erleben wir eine schleichende Wettbewerbsverschlechterung des Wirtschaftsstandorts“. Was fehle, sei vor allem ein funktionierender Kapitalmarkt, der Unternehmen helfe, notwendige Investitionen zu stemmen, etwa in Künstliche Intelligenz.
Heißes Eisen Arbeitszeit
„Es wird uns in Europa nicht leicht gemacht, die selbstgesteckten und in der Vergangenheit auch erreichten Wachstumsziele auch künftig zu erreichen“, beschreibt Liebherr-Manager Berthold die Schwierigkeiten des in Europa verankerten Unternehmens, in der Heimatregion zu investieren und zu wachsen. Entsprechende Expansionsüberlegungen in andere Kontinente sind die logische Konsequenz. Und mit Blick auf Europa befürchtet er persönlich: „Wenn es uns nicht gelingt, die EU zu Vereinigten Staaten von Europa weiterzuentwickeln, werden wir unsere Heimatstaaten leider destabilisieren.“
Natürlich kam auch das Thema Arbeitszeit zur Sprache. Zu viele heimische Nachwuchsfachkräfte würden nach Teilzeit und Homeoffice fragen, da werde es in seinem Unternehmen schwierig, erläutert Waagner-Biro-Manager Sischka. Demgegenüber seien die internationalen Bewerber mittlerweile im Vorteil: „Die können was und wollen auch etwas für sich erreichen.“ Auch deshalb werde das eigentliche Ziel seines weltweit tätigen Unternehmens, nämlich die Planungen in Österreich zu halten, zusehends schwerer zu erreichen.
Differenzierter sieht das Palmers-Vorstand Jung: „Es ist unsere Verantwortung, den Rahmen zu schaffen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne und gut arbeiten.“