Nur mehr kleine Biere werden künftig in Villach gebraut. 300.000 Hektoliter wurden noch in den 1990ern jedes Jahr erzeugt, aktuell sind es noch 130.000. Der dornige Weg Richtung „Stadtbrauerei“ wurde vor fast zehn Jahren eingeschlagen, mit der Übernahme der 1858 gegründeten Brauerei durch die Brau Union. Damals wurde versichert, das Brauereigeschäft am Standort sei durch den Wechsel „langfristig abgesichert“, die „200 Arbeitsplätze bleiben erhalten“. Ähnlich lauteten auch die Auflagen der Bundeswettbewerbsbehörde, wonach der Brauereibetrieb im „zumindest derzeit bestehenden Umfang aufrechterhalten bleiben“ müsse. Die Auflagen der Kartellbehörde sind mittlerweile ausgelaufen. Mit den Vorgängen vertraute Personen versichern, dass damit die einschneidenden Maßnahmen bei „Villacher“ aber noch keine ausgemachte Sache waren. Der Entschluss, die traditionsreiche Brauerei so zu miniaturisieren, dürfte wohl erst deutlich später, nach der Pandemie, gefallen sein.
Heineken unter Druck
Rückblende in die Jahre 2022/2023: Schrumpfende Nachfrage und sinkender Absatz beim zweitgrößten Bierkonzern der Welt, Brau-Union-Mutter Heineken, setzten auch deren Tochter, den heimischen Biergiganten, unter Druck. Eine Personalie deutet darauf hin: Brau-Union-Vorstandschef Klaus Schörghofer musste im Juni 2023 wegen „unterschiedlicher Auffassungen“ mit Eigentümer Heineken gehen, die Holländer schickten mit Hans Böhm den „Managing Director“ von Heineken Niederlande als neuen Statthalter nach Österreich. Es war Böhm, der am Dienstag den 40 noch bei der Villacher Brauerei verbliebenen Mitarbeitern verkündete, dass 28 von ihnen den Job verlieren würden. Böhm führt dafür „Überkapazitäten“ ins Treffen, die Brauerei sei bei weitem nicht (mehr) ausgelastet. Die Volumenbierproduktion – also Märzenbier – wird nach Graz-Puntigam verlagert.
Villach wird zur Kleinbrauerei
Villach bleibt noch eine Kleinbrauerei („Stadtbrauerei“) mit 7000 Hektoliter Ausstoß, lediglich fünf Prozent der bisherigen Menge. „Irgendwann vor rund zwei Jahren“ soll die Entscheidung in der Brau Union gefallen sein, andere Biere aus dem 15 Marken umfassenden Portfolio höher zu positionieren als „Villacher“, Gelder „wegzuverlagern“ und das Sortiment der „Villacher“ zu verkleinern. Im Handel sollen „Villacher“-Kisten öfter als früher schwer wie Blei im Regal gelegen sein, berichtet ein Handelsunternehmer, während bei Aktionen vor allem Schwesternmarken aus dem Konzern wie Puntigamer und Gösser verkauft wurden. „Villacher wurde aufs Abstellgleis gestellt“, erklärt der Insider diese Strategie der Brau Union.
„Ziemlich hart getroffen“
Zurück zum für Villacher denkwürdigen 23. April. Viele Mitarbeiter, manche davon 30, 35 Jahre im Betrieb, seien „ziemlich hart getroffen“ gewesen. Auch viele Wirte seien „nicht glücklich“. Eine höfliche Umschreibung: „Unter den Wirten ist es das Thema Nummer eins“, berichtet Kärntens Wirtesprecher Stefan Sternad. „Und das Kopfschütteln ist groß.“ Zwar habe sich abgezeichnet, dass sich etwas verändern wurde, „aber das ist noch heftiger, als es ohnehin erwartet wurde“.
„Identitätsstiftende unterschätzt“
Ganz egal kann es der Brau Union freilich nicht sein, wenn der Wirte-Obmann erklärt, „dass wir die Entscheidung des Konzerns zur Kenntnis nehmen, so wie die Brau Union zur Kenntnis nehmen muss, dass viele Wirte sagen werden: Das ist nicht mehr meine Brauerei.“ In Graz erzeugtes Villacher Bier sei „nicht das, was viele unter Heimatverbundenheit verstehen“. Sternad glaubt, „der Konzern mag aus seiner Sicht das strategisch Richtige gemacht haben – er hat aber das Identitätsstiftende unterschätzt“. Er glaubt, dass nicht wenige ihren Lieferanten wechseln werden: „Es gibt zum Glück Brauereien, die zu 100 Prozent ihre Wertschöpfung in Kärnten haben.“