Die Europäische Zentralbank (EZB) wird laut Ökonomen wohl im Juni erstmals wieder die Zinsen senken und bis zum Jahresende zwei weitere Schritte nach unten folgen lassen. Das sind weniger Schritte als Volkswirte noch im März erwartet hatten, wie aus einer am Montag veröffentlichten Erhebung der Nachrichtenagentur Reuters hervorging. An der Umfrage vom 15. bis zum 22. April nahmen 97 Volkswirte teil.
Davon erwarten 91, dass die EZB den Einlagensatz im Juni um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent senken wird. Sechs Volkswirte rechnen mit einem ersten Schritt nach unten erst im dritten Quartal. Die nächste Zinssitzung der EZB ist am 6. Juni Frankfurt.
„Neutraler“ Zins liegt bei 2,25 Prozent
Den Einlagensatz erhalten Geldhäuser, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Aktuell liegt er auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Mit 52 von 97 Volkswirten rechnet eine knappe Mehrheit von 54 Prozent damit, dass die EZB ihn danach noch zwei weitere Male senken wird. 38 von 97 Experten rechnen mit Zinssenkungen von zusammen einem Prozentpunkt oder mehr. In der März-Umfrage hatten dies noch 39 von 77 Volkswirten vorausgesagt.
Bei der Frage, welches Niveau der neutralen Zins im Euroraum hat, lag der Wert in der Mitte aller 35 Antworten - der Median - bei 2,25 Prozent. Der neutrale Zins ist der Zinssatz, der eine Volkswirtschaft weder antreibt noch bremst. Die Antworten stimmten mit den jüngsten Äußerungen des französischen Notenbankchefs Francois Villeroy de Galhau überein. Dieser geht davon aus, dass der neutrale Zins in der 20-Länder-Gemeinschaft bei etwa 2,0 bis 2,25 Prozent liegt.