Tesla, das war und ist eine Ersatz-Religion für viele Tesla-Besitzer. Elon Musk hat etwas aufgebaut, von dem andere E-Auto-Start-ups nur träumen können. Zuerst wurde er belächelt, dann in der ganzen Branche gefürchtet. Er machte das E-Auto zu einem Selbstverständnis, mit seinen visionären Ideen zur (eigenen) Ladeinfrastruktur, zur Software, und den neuen Zugängen bei der Fertigung trieb er nicht nur eine ganze Branche vor sich her, sondern er trieb auch den Börsewert in unglaubliche Höhen.
Die Marktkapitalisierung lag im November 2021 noch bei etwas mehr als 1200 Milliarden Dollar. Tesla war mehr wert als die größten, traditionellen Autohersteller der Welt zusammen. Mit CO2-Zertifikaten machte Tesla schon Gewinne, als die eigenen Autos noch ein Minus-Geschäft waren. Tesla war die Zukunft, die der traditionellen Autoindustrie nicht mehr zugetraut wurde. Nichts schien Elon Musk und Tesla bremsen zu können.
Der Lack ist ab
Kaum drei Jahre später blättert der der glänzende Lack ab, der Glaube an die Zukunft ist schwer erschüttert. An der Börse setzt die Aktie zur weiteren Talfahrt an. Im Jahr 2022 summiert sich das Kursminus auf fast 70 Prozent (Musk hatte Tesla-Aktien für fast 40 Milliarden Dollar veräußert, um die Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter zu finanzieren), heute liegt die Marktkapitalisierung bei rund 480 Milliarden Dollar.
Und Tesla kommt nicht mehr aus den Schlagzeilen. Das liegt zum Einen am Auto selbst und zum Anderen am Führungsstil und Maßnahmen von Musk, der via X, vormals Twitter, auch einstige Anhänger irritiert. Elon Musk steht vor einem ganzen Fächer an Problemen.
Qualitätsprobleme treffen Tesla
Erstens treten Qualitätsprobleme auf. Der TÜV-Report gehört zu den wichtigsten Gratmessern für die Qualität eines Fahrzeuge, 10,2 Millionen Prüfungen sind von Juli 2022 bis 30. Juni 2023 gemacht worden. Für das Model 3 von Tesla meldete der TÜV zum Beispiel schlechte Werte (Mängelquote 14,7 Prozent): Defekte an der Achsaufhängungen, überdurchschnittlich hohe Mängelquoten an den Bremsen sowie an der Beleuchtung. Für das Model 3 bedeutet das im Ranking der 2- bis 3-Jährigen den letzten Platz unter den 111 Fahrzeugen in dieser Altersklasse.
TÜV-Manager Maurice Shahd, Leiter der Kommunikation erklärte letztes Jahr im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Unsere Interpretation: Fixe Inspektionsintervalle tragen dazu bei, dass die Autos besser gewartet werden. Tesla hat da einen anderen Ansatz.“
Preissenkungen verunsichern
Was Tesla zusätzlich zu schaffen macht, ist eine zwangsläufige, logische Entwicklung. Man agiert wie ein klassischer, traditioneller, großer Autobauer. Läuft das Geschäft nicht, werden die Preise reduziert. Tesla hat das aber in einem Ausmaß gemacht, das die ganze Branche und das Vertrauen der Kunden erschüttert hat. Ohnehin ist das Gebrauchtwagengeschäft mit E-Autos aufgrund der großen technologischen Fortschritte heikel, aber mit den massiven Preissenkungen hat Musk zweierlei erreicht.
Erstens setzt Europas größter Autovermieter Sixt wegen schwacher Wiederverkaufswerte keine E-Autos von Tesla mehr ein. Man lasse die Marke in seiner Mietwagenflotte auslaufen, weil die Autos nach starken Preissenkungen sehr niedrige Restwerte hätten, hieß es. Höhere Reparaturkosten bei E-Autos würden das Problem verschärfen. Auch US-Autovermieter Hertz machte ebenso einen Rückzieher.
Und Kunden, die sich auf einen stabilen Gebrauchtwagenpreis verlassen hatten, fürchten um den Wiederverkaufswert. Anfang 2023 wurde das Model Y zum Beispiel um gleich 25 Prozent günstiger.
Preiskampf mit China
In China ist man in einem Preiskampf verstrickt, unter anderem macht BYD mächtig Druck. Und auf die Kaufzurückhaltung in Sachen E-Auto können die Chinesen anders reagieren: Sie haben auch Hybride (Kombination E-Auto/Verbrenner) im Programm. Erstmals seit fast vier Jahren sanken die Tesla-Auslieferungen – nach den am Dienstag veröffentlichten Daten um 8,5 Prozent im ersten Quartal 2024 auf knapp 387.000 Autos.
Das Tesla-Image haben zuletzt auch Prozesse ramponiert: Der viel diskutierte Tesla-Autopilot und Unfälle sind Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Zuletzt hat sich Tesla bei einem Fall, bei dem ein Mann tödlich verunglückt war, mit dessen Hinterbliebenen verglichen und eine Vergleichszahlung geleistet. Andere Prozesse hat Tesla jedoch gewonnen. Tesla musste jedoch bei zwei Millionen Autos nachbessern. Und die Schlagzeilen bleiben haften. Genauso wie die langwierigen Streitfälle mit den Gewerkschaften in Skandinavien.
Musk zieht die Notbremse
Noch bevor die neuen Tesla-Zahlen nächste Woche bekannt gegeben werden, zog Elon Musk die Notbremse. Wegen der schwächeren Nachfrage nach seinen Fahrzeugen will er weltweit mehr als jeden zehnten Arbeitsplatz streichen. Die E-Auto-Skepsis macht aber nicht nur Tesla zu schaffen: So muss der chinesische Autobauer BYD die im Schlussquartal 2023 errungene Position als weltweit größter E-Autohersteller an Tesla wieder abgeben.
Trotz der Probleme will Tesla das von einem Gericht in Delaware gekippte Gehaltspaket von Firmenchef Elon Musk in Höhe von 56 Milliarden Dollar (52,6 Milliarden Euro) von den Aktionären absegnen lassen. Ende Jänner hatte eine Richterin in Delaware das auf Aktienoptionen basierende Vergütungspaket für Musk als unfassbar hoch bezeichnet und für ungültig erklärt. Gegen das Urteil ist Berufung möglich. Aber der Imageschaden ist enorm, weil so viele Mitarbeiter gekündigt werden sollen. Es geht um weltweit mehr als 14.000 Arbeitsplätze.
Versprechungen und Lügen
Musks Reaktion? Tesla soll den Firmensitzes von Delaware nach Texas verlegen, Musks Firmen SpaceX und Neuralink sind bereits gesiedelt. Und Musk macht, was er immer in solch schwierigen Situationen unternahm: Er verspricht Revolutionen. Das erste Robo-Taxi soll kommen, die Produktion mit vorgefertigten Baugruppen wieder einmal revolutioniert werden. Und dass er sein Versprechen zu einem kleinen Tesla 2 um rund 25.000 Dollar nicht halten kann, quittierte er damit, dass das eine Lüge sei. Man wird sehen.