Der Internationale Währungsfonds gibt weitgehend Entwarnung für die Weltwirtschaft. Der IWF prognostizierte am Dienstag das globale Wachstum sowohl für dieses als auch nächstes Jahr bei 3,2 Prozent - die gleiche Rate wie 2023. Dies ist eine Stabilisierung nach massiven Bremsspuren durch den russischen Angriff auf die Ukraine und die danach stark gestiegene Inflation. Im langjährigen Vergleich - der Durchschnitt liegt bei 3,8 Prozent - sind die Werte allerdings schwach.
Deutschland dürfte auch 2024 im Kreis der wichtigsten Volkswirtschaften am schlechtesten abschneiden. Aber auch für Österreich hat der IWF seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr halbiert.
Die Weltwirtschaft sei erstaunlich widerstandsfähig, sagte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. „Trotz vieler düsterer Prognosen hat die Welt eine Rezession vermieden.“ Es habe keine unkontrollierten Lohn-Preis-Spiralen gegeben. „Stattdessen ist die Inflation, fast so schnell wie sie gestiegen ist, jetzt auf dem Weg nach unten.“ Allerdings sei die Normalisierung in den reichen Industrieländern ausgeprägter als in ärmeren Staaten.
„Die meisten Indikatoren deuten eine sanfte Landung an“, so Gourinchas. Gegenüber Jänner hob der IWF seine Schätzung für die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 0,1 Prozentpunkte an. Deutlich optimistischer zeigte sich die internationale Finanzorganisation mit Sitz in Washington für die US-Wirtschaft. Sie dürfte 2024 und 2025 um 2,7 und 1,9 Prozent zulegen. Die Prognosen für die Eurozone, die stärker von den Folgen des Ukraine-Krieges betroffen ist, wurden dagegen gesenkt. Das liegt maßgeblich am Schwergewicht Deutschland, für das der IWF angesichts eines schwachen Konsums nur Wachstumsraten von 0,2 und 1,3 Prozent voraussagt. Beide Schätzungen liegen 0,3 Punkte unter den Jänner-Prognosen.
Gebremste Erwartungen für Österreich
Für Österreich hat der IWF seine Wachstumserwartung für das laufende Jahr auf 0,4 Prozent halbiert. Die globale Organisation reiht sich damit zwischen Wifo (0,2 Prozent) und IHS (0,5 Prozent) in deren jüngster Prognose vom März ein. 2025 sieht der IWF Österreichs Wirtschaft um 1,6 Prozent wachsen, auch das liegt zwischen den Annahmen von Wifo (1,8 Prozent) und IHS (1,5 Prozent).
Für die Teuerung sagt der IWF Österreich heuer 3,9 Prozent voraus und damit etwas mehr als die heimischen Institute (Wifo: 3,8 Prozent, IHS: 3,5 Prozent). 2025 sollen die Verbraucherpreise dann um 2,8 Prozent steigen – leicht mehr als Wifo (2,7 Prozent) und IHS (2,6 Prozent) erwarten.
Indien und China als Zugpferde, Russland wächst wieder stärker
Zugpferde sind international vor allem die großen Schwellenländer China und Indien. Russland, das derzeit viel Geld in Kriegswirtschaft und Aufrüstung steckt, wächst deutlich stärker als bisher angenommen - um 3,2 und 1,8 Prozent in den Jahren 2024 und 2025. Damit wurden die bisherigen Schätzungen um 0,6 und 0,7 Punkte nach oben gesetzt.
Der IWF betonte, dass sich Chancen und Risiken wieder die Waage halten, nachdem zuletzt die Risiken eindeutig überwogen. Wichtig bleibt die Inflation. Sie dürfte zwar seit den Höchstwerten Mitte 2022 weiter zurückgehen, aber mit unterschiedlichem Tempo. In den Industriestaaten werden 2024 noch 2,6 Prozent erwartet, 2025 dann 2,0 Prozent. Letzterer Wert entspricht dem Ziel großer Notenbanken wie der EZB oder der Fed in den USA. Dies dürfte die Basis für Zinssenkungen im zweiten Halbjahr bereiten, die dann wiederum die Konjunktur anschieben sollten.
In Schwellen- und Entwicklungsländern werden dagegen 2024 und 2025 noch Teuerungsraten von 8,3 und 6,2 Prozent prognostiziert und damit etwas mehr als im Jänner. Der allgemeine Trend sei ermutigend, sagte Gourinchas. „Wir sind aber noch nicht da.“
Der Währungsfonds warnte erneut vor der seit der Corona-Pandemie stark gestiegenen Staatsverschuldung. Die Regierungen müssten wieder Puffer in ihren Haushalten schaffen, um auf Krisen reagieren zu können. Dies werde sich kurzfristig aber negativ auf die Konjunktur auswirken. China muss laut IWF weiter die Immobilienkrise im Land in den Griff bekommen. Die schwächere Entwicklung armer Länder werde die Spaltung der Welt noch vertiefen, warnte der IWF.