Das Fazit: „Wir sind bedingt zufrieden.“ Wenn Harald Gutschi und Achim Güllmann auf das abgelaufene Geschäftsjahr der E-Commerce-Unternehmensgruppe „Unito“ (wurde nun in „Otto Austria Group“ umbenannt) blicken, ergibt sich ein durchwachsenen, aber nicht gänzlich negatives Bild. „Die multiplen Krisen haben im Handel voll zugeschlagen und sind stark wie nie angekommen“, sagt Gutschi, Sprecher der Geschäftsführung. Der Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 2023/24 (1. März bis 29. Februar) ist in Summe um 3,8 Prozent auf 349 Millionen Euro gesunken. Die Gruppe ist neben dem Kernmarkt Österreich auch in Deutschland und der Schweiz tätig, betreibt von drei Standorten aus (Graz, Salzburg, Linz) sieben Online-Shops, sechs Marken und beschäftigt insgesamt rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon rund 230 in Graz.
Für den österreichischen Markt, wo mit 218 Millionen Euro rund zwei Drittel der Gruppenumsätze generiert werden, verweist die Geschäftsführung aber darauf, dass die Online-Umsätze der Gruppe mit 1,7 Prozent weniger stark gesunken seien als der Online-Gesamtmarkt in Österreich (minus 2,4 Prozent). „Damit haben wir bei den Marktanteilen sogar leicht zulegen können“, sagt Güllmann. Zudem habe man 101 Millionen jährliche Visits auf den Online-Portalen der Gruppe verzeichnet.
Auch die Kundenzahl habe sich mit 3,6 Millionen „annähernd auf dem Niveau des Jahres davor bewegt“. Der durchschnittliche Bestellwert lag bei 234 Euro. Trotz hoher Inflation fließe damit im Schnitt weniger Geld pro Bestellung, so Gutschi, „inflationsbereinigt sinken die Werte je Bestellung um rund sechs Prozent“. Die Bestellungen erfolgen mittlerweile zu fast 60 Prozent via mobiler Seite oder App. Die Retourenquote sei um einen Prozentpunkt auf 34 Prozent gesunken, so Gutschi, auch heuer deute sich ein weiteres Absinken an.
„Unsere Kundinnen und Kunden hatten 2023 Geldsorgen“
Nach zwei Jahren sei „die Krise im Online-Handel zu Ende“, sagt Gutschi. Man sehe das Glas wieder „halb voll“ und sei vorsichtig optimistisch. Länger dürfte die Erholung indes beim für die Otto Austria Group wichtigen und an sich profitablen Segment Möbel und Wohnen dauern. Da der mehrgeschossige Wohnbau in Österreich um 50 Prozent eingebrochen ist, wirke sich das entsprechend aus, „mit einem Umsatzminus von 13 Prozent zum Jahr davor haben wir uns respektabel geschlagen, zufrieden können wir damit natürlich nicht sein“. Auch heuer sei von weiteren Rückgängen auszugehen, „es kommt hier zu einer Marktbereinigung, daher könnte es 2025 wieder nach oben gehen“, prognostiziert Gutschi. Gut gelaufen sei 2023 der Bereich Technik, zufriedenstellend das Textil-Segment. Für alle Segmente gilt: „Unsere Kundinnen und Kunden hatten 2023 Geldsorgen.“
Die Umbenennung von „Unito“ (zusammengesetzt aus Universal und Otto) in „Otto Austria Group“ habe mit dem hohen Bekanntheitsgrad von Otto zu tun, dieser liege bei gut 90 Prozent. Im Kampf um Fachkräfte, etwa im IT-Bereich oder dem Controlling, sei eine breite Markenbekanntheit ein wichtiger Baustein. Gutschi sieht auch in der Finalisierung der Koralmbahn große Chancen für den Grazer Standort, „damit wird das Einzugsgebiet für Fachkräfte größer, unser Standort liegt sehr günstig“.
Für Kunden der Onlineshops der Gruppe (Otto Österreich, Universal, Quelle, Ackermann, Jelmoli, Lascana) ändere sich nichts. Die Otto Austria Group ist, sei wie zuvor Unito, Teil der Baur-Gruppe, die wiederum zur Hamburger Otto Group zählt.
Schrott-Commerce? „Ein Armutszeugnis für europäische Verwaltung“
Harsche Kritik üben Gutschi und Güllmann an „Schrott-Commerce aus China“. Anbieter wie Temu und Shein würden „durch unfaire Wettbewerbsbedingungen in den europäischen Markt drängen“. Im Schnitt rund 100 Transport-Flugzeuge würden pro Tag mit diesen Waren von China in die EU fliegen, heuer könnten es schon 200 sein. Kamen 2021 rund zwei Milliarden China-Pakete in die EU, sei heuer eher schon vier Milliarden auszugehen. „Da bewegen sich Müllberge von China nach Europa und die USA“, kritisiert Gutschi. Dabei scheue man nicht den Wettbewerb, „doch laut EU-Behörden sind 65 Prozent der Pakete falsch deklariert, sie beinhalten vielfach Fake-Waren oder auch gesundheitsgefährliche Produkte, während die Auflagen in Europa selbst immer strenger werden“. Diese „ungleichen Wettbewerbsverhältnisse müssen rasch beseitigt werden, indem die Zollfreigrenze fällt und eine Plattformhaftung für falsch deklarierte Waren eingeführt wird“, so Gutschi. „Diese unfairen Praktiken sind ein ganz böser Witz, das ist ein Armutszeugnis für die europäische Verwaltung, dem gehören Grenzen gesetzt, das ist auch unser Appell an die Politik“.