Er ist schon der zweite Universitätsrektor, der Bürgermeister wird und nicht aus Udine stammt. Alberto Felice De Toni ist seit genau einem Jahr im Amt. Angetreten ist der politische Quereinsteiger, um die Stadt zu verändern. Die renommierte Auszeichnung der Wirtschaftstageszeitung „Il Sole 24 Ore“ für die italienweit höchste Lebensqualität 2023 in der Provinz Udine reklamiert er aber nicht für sich alleine. „Dafür bin ich erst zu kurz da. In den vergangenen Jahren waren wir schon mehrmals in den Top 10“, schildert De Toni im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Den Titel zu verteidigen, werde schwer, und sei auch noch nie gelungen, aber man wolle auf jeden Fall unter den ersten Zehn bleiben.
Dem erstmaligen Titelgewinn verdanke Udine mehr Aufmerksamkeit: „Das hat merklich einen positiven Effekt auf den Tourismus, auch wenn wir nicht beziffern können, für wie viele es der Anlass für einen Besuch ist“, so der Bürgermeister. Vorteilhaft sei, für alle, die über die Südautobahn kommen, die erste italienische Stadt zu sein. Den Umstand, mit knapp 100.000 Einwohnern im Vergleich zu Millionenmetropolen wie Mailand eine kleine Stadt zu sein, sieht De Toni als großen Vorteil: „In der Peripherie können Innovationen entstehen. Wir haben nur 16.000 Studenten und trotzdem ein nationales Treffen aller Universitäten veranstaltet.“
„Wollen Kulinarik-Hauptstadt werden“
In der Vergangenheit habe in der Politik jedoch der Mut gefehlt, in die Umsetzung zu gehen. Ein Beispiel sei das fast drei Jahrzehnte lange Ringen um die erweiterte, verkehrsberuhigte Zone „ZTL“ im Zentrum, die im April neu eingeführt wurde. „Die Autos aus dem historischen Stadtkern zu bekommen, ist nicht nur für die Touristen ein Gewinn und wertet die Stadt auf“, ist De Toni überzeugt. Zudem gebe es nun ausreichend zentrumsnahe Tiefgaragen. Angesprochen auf den Massentourismus in Venedig und Lignano bringt er ein „Entlastungsangebot“ vor: „Ich würde schon morgen eine Einigung unterschreiben und eine Allianz mit ihnen schmieden.“ Dem Bürgermeister schwebt ein Shuttleservice vor, der Touristen für Ein-Tages-Touren nach Udine bringt.
Und ein weiteres ambitioniertes Ziel verfolgt De Toni: „Wir wollen die Kulinarik-Hauptstadt Italiens werden.“ Aus den zahlreichen Genussfesten, wie das gerade stattfindende Spargelfestival „Asparagus“, berühmten Weinregionen wie dem Collio und der traditionellen Küche samt Essenskultur als Forschungsschwerpunkt müsse ein gebündeltes Paket werden. Was nämlich noch fehle, sei der rote Faden, der sich durch die Angebote zieht.
Welterbe-Pläne: Kandidatur
Fortgeschritten sind hingegen die Pläne, den Burghügel, auf dem das Castello di Udine steht, als Unesco-Welterbe anerkennen zu lassen. Ein umfangreiches Forschungsprojekt förderte zutage, dass dieser vor mehr als 3000 Jahren in der Bronzezeit gebaut wurde. Das 30 Meter hohe Lehmbau-Monument ist eine europaweit einzigartige Leistung, wie die 40 beteiligten Wissenschaftler bestätigen.
In der noch vierjährigen Amtszeit De Tonis sollen zudem weitere Verbesserungen auf Udine zukommen. Durch eine Reform der Einkommenssteuer, die direkt an die Kommune geht, wurde das einkommensschwächste Drittel der Bevölkerung von dieser befreit. Durch eine andere Staffelung gibt es dennoch Mehreinnahmen, die in Sozialausgaben fließen. Um der Überalterung entgegenzutreten, sind weitere Unterstützungsmaßnahmen für Familien geplant, um diese anzuziehen. Außerdem wurden ein eigenes Wachpersonal und Stadtviertelräte bestehend aus Vertretern der Kultur-, Freizeit-, Sport- und Religionsverbände installiert.
Wieder stärker aufleben lassen will De Toni die Städtepartnerschaft mit Villach, die seit 45 Jahren besteht. Seit dem Besuch mit einer Delegation im März beneide er die Villacher um die Drau, die das Zentrum bereichert. Umso mehr freue es ihn, dass die Kärntner „mit viel Zeit und in Spendierlaune“ nach Udine kommen, um das Alpen-Adria-Lebensgefühl zu teilen.