Antwort: Dem Unternehmen „Zupf Di“ konnte man online Besitzstörungen melden, woraufhin es die Halterdaten des Falschparkers ermittelte und diesem eine Unterlassungserklärung schickte. Darin sollte sich der mutmaßliche Besitzstörer zur Unterlassung weiterer Störungen und Zahlung einer Pauschale verpflichten. Die Hälfte des Betrags ging an den Auftraggeber, die andere Hälfte an Zupf Di. Im Gegenzug verzichte man auf eine Besitzstörungsklage.

Der OGH qualifizierte dieses Geschäftsmodell erst kürzlich als unzulässig (4 Ob 5/24z): Es handelt sich dabei um außergerichtliche Rechtsdurchsetzung, deren Erbringung zum Schutz der rechtssuchenden Bevölkerung den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbehalten ist. Diese müssen zur Ausübung ihres Berufs eine Vielzahl an Voraussetzungen erfüllen und unterliegen einem strengen Berufsrecht. Nun ist das Unternehmen mit einem neuen Geschäftsmodell („Zupf Di 2.0“) zurück auf dem Markt. Um die Entscheidung des OGH zu umgehen, will es mit der Rechtsanwaltschaft „kooperieren“: Nach der Meldung der Besitzstörung vermittelt das Unternehmen seinen Auftraggeber an einen Partneranwalt und bekommt dafür eine Provision.

Ob eine solche „Kooperation“ mit dem anwaltlichen Berufsrecht vereinbar ist und als Umgehungskonstrukt die Gerichte überzeugen kann, wird sich zeigen. Sollten die Partneranwälte im Rahmen dieses Geschäftsmodells gegen anwaltliche Berufspflichten verstoßen, drohen Disziplinarstrafen. Wer ein mit dem Unternehmen Zupf Di in Zusammenhang stehendes Schreiben erhält, sollte den darin enthaltenen Aufforderungen nicht direkt nachkommen, sondern vorab anwaltlichen Rat einholen.


Teresa Perner, Forschungszentrum für Berufsrecht der Universität Graz.