Sie ist trostlos, aber sie spricht Bände: „Für Bücher. Wenn auch nur zur Deko“ lautet eine aktuelle Plakatkampagne eines schwedischen Möbelhauses – für ein Bücherregal.
Tatsächlich kaufen die Österreicher aktuell weniger Bücher. Doch die Kaufzurückhaltung, die womöglich auch daran liegt, dass die Stapel, die während Corona angehäuft wurden, noch nicht gelesen sind, ist nicht der Hauptgrund, warum der heimische Buchhandel mit dem Rücken zur Wand, also zum (Deko-)Regal steht. Die Branche, die in Österreich aktuell 1346, in Kärnten laut Fachgruppen-Geschäftsführerin Ingrid Parzer 41 Akteure mit 172 Mitarbeitern und sieben Lehrlingen umfasst, ist bereits in den letzten Jahren um rund ein Viertel geschrumpft. Zuletzt schloss unter anderem die Wiener Buchhandlung Freudensprung im 113. Jahr ihres Bestehens, in Oberösterreich musste die Veritas-Buchhandlung Insolvenz anmelden. Allein in Klagenfurt haben in den letzten Jahren acht Buchhandlungen zugesperrt.
Weniger Akteure, höhere Kosten
Aktuell stöhnt die Branche unter den KV-Erhöhungen, die die Löhne innerhalb von 16 Monaten um fast 17 Prozent verteuert haben. Dazu die Inflation und die Verteuerung von Papier, Energie, Transport und Mieten – die meisten Buchläden sind gemietet. Die Absätze, also die verkauften Bücher im stationären Buchhandel, gingen innerhalb eines Jahres um fast fünf Prozent zurück. Da ist es noch ein Wunder, dass die Umsätze 2023 „nur“ stagnierten – dies deshalb, weil die Bücher etwas teurer geworden sind. Konkret betrug die Preiserhöhung bei Büchern im Vorjahr 5,4 Prozent, was aber deutlich unter der Inflationsrate von 7,8 Prozent liegt. Im Jänner und im Februar 2024 ist bereits ein Umsatzminus zu beklagen. Alles in allem eine Situation, die „für uns Buchhändler existenziell gefährlich ist. Und das ist durchaus als Hilferuf zu verstehen“, sagt der neue Fachgruppenobmann, der Klagenfurter Buchhändler Helmut Zechner („Heyn“).
Viele Kärntner Buchhandlungen können schon jetzt nur existieren, weil sich die Besitzer selbst keinen Unternehmerlohn auszahlen, weil sie geerbt haben, weil sie die Ladenimmobilie selbst besitzen oder der Ehepartner genug verdient, weiß Zechner. Die Schere zwischen Kosten und Einnahmen sei so groß, dass es „im besten Fall zu Personalabbau, im schlimmsten Fall zur Schließung von Betrieben führen wird“. Zechner selbst hat den Mitarbeiterstand seiner seit 1868 bestehenden Buchhandlung Heyn, die 30 Prozent Umsatz mit Onlinehandel und drei Prozent mit E-Books macht, bereits um drei Vollzeitarbeitskräfte reduziert – bei gleichbleibendem Arbeitspensum für die Verbliebenen.
Rettungsanker: Umsatzsteuer
Eine Nulllohnrunde ist unrealistisch – das weiß die Branche selbst. Den einzig realistischen Rettungsanker sieht sie in einer Kürzung der Umsatzsteuer auf Bücher, die in Österreicher mit zehn Prozent im Vergleich mit anderen Ländern sehr hoch ist. In Deutschland beträgt der Steuersatz sieben Prozent, in Südtirol vier, in der Schweiz liegt er bei 2,6. In England und Irland gibt es überhaupt keine Steuer auf Bücher. In einem Brief an den Finanzminister hat die Branche um eine Senkung auf unter vier Prozent gebeten. Ihr Argument: Aufgrund der für den Buchhandel essenziell notwendigen Buchpreisbindung (die seit 130 Jahren existiert) bliebe der Verkaufspreis gleich, doch die Handelsspanne würde sich erhöhen.
Neues Genre im Kommen
Es kam prompt eine Absage. „Aber die Schlacht ist noch nicht verloren. Wir sind zuversichtlich, wir bleiben dran“, sagt Zechner. Einen Plan B gebe es nicht, „andernfalls treibt es massiv Buchhandlungen in die Insolvenz“. Schätzungen zufolge jede Dritte innerhalb von drei Jahren. So weit dürfe man es nicht kommen lassen. „Buchhandlungen sind Wissens- und Kulturtankstellen.“ Seine eigene bekommt bald eine neue „Zapfsäule“. „Wir bauen aus, um mehr Platz für New-Adult-Literatur zu bekommen.“ Dabei geht es um Bücher mit emotionalen Geschichten für junge Erwachsene – ein Genre, das die Jungen wieder in die Buchhandlungen treibt und durch den Farbschnitt, also die farbige Veredelung der Papierkanten des Buches, sogar Sammlerpotenzial hat. Wenigstens ein kleiner Lichtblick vor dem Welttag des Buches am 23. April.