Der Siegeszug sogenannter Generativer Künstlicher Intelligenz (KI) ist eng verbunden mit den Hochleistungsprozessoren von Nvidia. Der US-Konzern beherrscht Experten zufolge etwa 80 Prozent des Weltmarktes. Nun formiert sich aber eine Allianz aus hochkarätigen Technologiefirmen, um Nvidias Dominanz zu brechen. Sie setzt dabei aber nicht bei KI-Chips selbst an, sondern bei der Software für deren Programmierung.
„Wir zeigen Entwicklern, wie sie sich von Nvidias Plattform lösen können“, sagt Vinesh Sukumar, KI-Chef des Halbleiter-Anbieters Qualcomm, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Offenes Ökosystem als Nvidia-Gegenentwurf
Bei der Entwickler-Software CUDA kann Nvidia auf eine fast 20-jährige Erfahrung zurückgreifen. Das Programmpaket gilt als Geheimwaffe des Konzerns für die Kundenbindung, weil es die Programmierung von KI- und anderen Anwendungen erleichtert, sofern dafür Nvidia-Chips genutzt werden. Dieses Geschäftsfeld ist ein wichtiger Umsatzbringer für die Firma. CUDA kostet 4500 Dollar pro Jahr und pro Nvidia-Chip bei Nutzung in einem privaten Rechenzentrum oder einen Dollar pro Stunde für den Einsatz bei einem Cloud-Anbieter.
Die im vergangenen September gegründete UXL Foundation, zu der neben Qualcomm auch der Chip-Hersteller Intel und der Internet-Konzern Google zählen, will dies mit einem Konkurrenzprodukt ändern. Als Basis diene die von Intel entwickelte Technologie OpenAPI, die zu einem Programmpaket ausgebaut werden soll. Diese Open-Source-Software, deren Code für jeden einsehbar ist, werde mit KI-Chips unterschiedlicher Hersteller zusammenarbeiten. „Es geht darum, ein offenes Ökosystem zu schaffen, um die Produktivität und die Auswahl an Hardware zu fördern“, erläutert Bill Hugo, Technologie-Chef für Hochleistungsrechner bei Google.
Die Rolle von Amazon und Microsoft
Weiteren Angaben zufolge wollen die UXL-Experten im ersten Halbjahr 2024 die technischen Eckdaten der Software festzurren. Bis zum Jahresende sollten die Details „ausgereift“ sein. Dabei sei UXL auf Informationen zahlreicher Unternehmen angewiesen, damit die Entwickler-Software möglichst alle erhältlichen Chips unterstütze. Daher umwerbe die Allianz auch Cloud-Anbieter wie Amazon und Microsoft sowie weitere Prozessor-Hersteller. Mittel- bis langfristig solle die UXL-Software auch für Nvidia-Chips genutzt werden können.
Das Projekt der UXL Foundation ist nur eines im Kampf um ein möglichst großes Stück am KI-Kuchen. In den vergangenen Monaten haben Wagniskapitalgeber insgesamt mehr als vier Milliarden Dollar in knapp 100 Startups gesteckt, die Nvidia mit KI-Entwicklersoftware ebenfalls Konkurrenz machen wollen. Dies ergab eine vom Branchendienst Pitchbook exklusiv für Reuters erstellte Auswertung.
Wer verliert, wer gewinnt
Viele dieser Startups werden den Kampf gegen Nvidia allerdings verlieren, prognostizieren Experten. Auch ein Erfolg der UXL Foundation sei fraglich. Denn der bereits große Funktionsumfang von CUDA wachse ständig, unter anderem dank der Anregungen von Nutzern. „Darauf kommt es aber nicht allein an“, betont Jay Goldberg, Chef der Beratungsfirma D2D. „Das Entscheidende ist die Tatsache, dass die Leute CUDA seit 15 Jahren nutzen und ihre eigenen Programme darum herum entwickelt haben.“