Investoren erheben weiter schwere Vorwürfe gegen den gescheiterten Immobilienmagnat René Benko, berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Demnach sieht Karl Gernandt, Vermögensverwalter des Hamburger Logistikmilliardärs Klaus-Michael Kühne, Investoren der Signa-Gruppe durch deren Gründer René Benko „hinters Licht geführt“. Benko habe dafür sein Firmenkonstrukt mit mehr als 1000 Unterfirmen genutzt. Er habe „letztlich betrügerisch“ gehandelt.
Der Tiroler habe „in all den Luxemburger Zwischenholdings“ Schulden versteckt, sagte Gernandt, Chef der Kühne Holding, dem „Spiegel“. Dort habe es „verschleiert weitere Verpflichtungen anderen Geldgebern gegenüber“ gegeben, ohne Wissen der Investoren seien Unterfirmen beliehen worden, „sodass wir faktisch gar keinen Zugriff auf die Immobilien mehr hatten. Nur wussten wir das nicht“. Für ihn, sagt Gernandt, sei dies „letztlich betrügerisch“. Die APA hat am Sonntag um Stellungnahme bei der Signa angefragt, die zumindest vorerst offen blieb.
Anwalt: „Offensichtliche Medienkampagne gegen Herrn Benko“
„Wenn in diesem - ohne jeglichem Substrat und damit inhaltsleer meinem Mandanten ‚letztlich betrügerisches‘ Verhalten unterstellt wird, dann habe ich diesen Vorwurf namens meines Mandanten genauso apodiktisch zurückzuweisen“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme von Anwalt Norbert Wess auf Anfrage der APA am Sonntag. „Es ist zur Kenntnis zu nehmen, dass es derzeit eine offensichtliche Medienkampagne gegen Herrn Benko gibt.“ Dennoch werde Benko „seinen Standpunkt und seine Sicht der Dinge weiterhin nicht medienöffentlich transportieren, sondern stets und ausschließlich gegenüber den kompetenten Stellen und Ansprechpartnern“.
„Die Gier der anderen erspürt“
Für Kühne stehen rund 500 Millionen Euro bei Signa auf dem Spiel, schreibt das Magazin. Der Deutsche hält zehn Prozent an der Signa Prime, der wichtigsten Immobiliensparte von Benkos Firmengruppe. Zu Benkos Geldgebern zählt auch der französische Autodynast Robert Peugeot, der über seine Familienholding rund 300 Millionen Euro investiert hat. Für Fressnapf-Gründer Torsten Toeller stehen etwa 150 Millionen Euro auf dem Spiel. Auch Unternehmensberater Roland Berger, der Austro-Industrielle und -Investor Hans Peter Haselsteiner sowie Lindt-&-Sprüngli-Chef Ernst Tanner bangen um ihre investierten Summen.
Benko habe „die Gier der anderen erspürt“, zitiert der „Spiegel“ einen Weggefährten des Ex-Milliardärs und nunmehrigen Pleitiers. Lange sei Benko das „neureiche Gehabe“ gegönnt worden. Doch das hat sich gewandelt, auch wenn sich das Signa-Mastermind kurz vor dem Untergang noch als „Schwerstarbeiter inszeniert“ habe. Die „Kronen Zeitung“ (Sonntag) schreibt, dass Benko zudem mit jedem Investor einen „Privatdeal“ gehabt habe, der die Sache so ausschauen habe lassen, als habe jeder Investor jeweils einen besseren Deal. Bestätigung gibt es dafür offiziell freilich keine.
Die milliardenschweren Investoren zeigen sich von Benko enttäuscht. „Gesundes Wachstum“ habe es bei Benkos Signa wohl schon lange nicht mehr gegeben, sagt einer seiner wichtigen Geldgeber heute. Stattdessen sei die wachsende Kluft zwischen Kosten und Einnahmen mit regelmäßigen Kapitalerhöhungen und Gebäudeverkäufen kaschiert worden.
Selbstkritik eines Investors: „Unendlich enttäuscht von mir selbst“
Benko will selbst inzwischen beim Lebensunterhalt vor allem von seiner Mutter abhängig sein, wie er in seinem Privatkonkursverfahren als Unternehmer laut „Tiroler Tageszeitung“ angegeben hat. Er lebe von 3700 Euro im Monat.
Viele der vermögenden Unternehmer üben auch Selbstkritik. Wie schwer die Schulden drückten, hätten sie „zu lange nicht gemerkt“, sagt einer, der sein Engagement heute bereut. Ein anderer ist „unendlich enttäuscht von mir selbst“, gesteht, sein Anlageberater habe früh zum Ausstieg gedrängt, er aber habe ihn nie erhört. Er sieht sein Benko-Investment als „eine meiner größten Niederlagen“.
Seit vergangenem Herbst haben diverse Gesellschaften der von Benko gegründeten Signa-Gruppe Insolvenz angemeldet. Die Staatsanwaltschaft in Wien prüft einen Anfangsverdacht wegen Betrugs, eine Sonderkommission wurde eingerichtet. In München wird wegen möglicher Geldwäsche ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Mit Abstand größte Insolvenz der österreichischen Wirtschaftsgeschichte
Die Signa-Pleitenserie ist die mit Abstand größte Insolvenz der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Gegenüber der insolventen Luxus-Immobiliengesellschaft Signa Prime haben bisher 475 Gläubiger Forderungen in Rekordhöhe von 12,8 Mrd. Euro angemeldet, derzeit sind rund 5,9 Milliarden Euro vom Insolvenzverwalter anerkannt. Die Signa Holding sieht sich im laufenden Insolvenzverfahren aktuell einer Forderungssumme von 7,8 Milliarden Euro gegenüber, wobei bisher nur gut 80 Millionen Euro anerkannt wurden. Gegen die Signa Development sind 2,3 Milliarden Euro an Forderungen angemeldet, wovon bisher 1,5 Milliarden Euro anerkannt sind.