„Keine Ausnahme, sondern eher die Regel“ – wenn René Jonke, Leiter des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV) in der Region Süd, auf das Gesamtjahr 2024 blickt, wird eines deutlich: Die Zahl der Firmenpleiten wird in der Steiermark weiter zulegen. Der Anstieg im ersten Quartal, den der KSV nun in einer Hochrechnung mit einem Plus von 11,2 Prozent auf 179 Fälle beziffert, werde demnach eben „keine Ausnahme sein“. Das heimische Insolvenzgeschehen, so Jonke, habe „in den ersten drei Monaten des Jahres deutlich an Tempo zugelegt“. Besonders betroffen seien weiterhin vor allem die Branchen Bau, Handel sowie Beherbergung und Gastronomie.
Die wirtschaftliche Lage zahlreicher heimischer Unternehmen sei im Jahr 2024 „weiterhin äußerst angespannt und das Marktumfeld gestaltet sich vielerorts schwierig“, so Jonke. „Die vergangenen Jahre haben unübersehbare Spuren in den Betrieben hinterlassen. Diese sind nun sehr häufig der Grund, warum Betriebe vermehrt den Gang in die Insolvenz antreten müssen.“ Aufgrund der Entwicklungen im Vorjahr sei ein Anstieg im Bereich der Firmenpleiten jedenfalls erwartbar gewesen – und fiel, zumindest was die Fallzahl betrifft, tendenziell sogar etwas niedriger aus als erwartet. So haben die Unternehmensinsolvenzen im österreichweiten Durchschnitt im ersten Quartal 2024 um rund 27 Prozent zugelegt. „Unser Bundesland weist mit dem Plus von 11,2 Prozent, nach Salzburg mit 7,1 Prozent und Tirol mit gar einem Minus von 23,7 Prozent, den zweitniedrigsten Zuwachs gegenüber 2023 aus“, sagt Jonke. Schwer wiegt indes, dass die Zahl der steirischen Großinsolvenzen – mit Passiva von zumindest drei Millionen Euro – deutlich steigt. „Während im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt lediglich eine Unternehmensinsolvenz dieser Dimension zu Buche stand, sind es heuer bereits sechs Fälle.“ Die Passiva (vorläufiger Wert) haben sich auch dadurch – im Vergleich zum ersten Quartal 2023 – um 114,7 Prozent auf 73 Millionen Euro erhöht, also mehr als verdoppelt.
Um 56 Prozent mehr Pleiten in der Bauwirtschaft
Wie die aktuelle KSV1870 Hochrechnung zeigt, belegt die Bauwirtschaft mit 39 insolventen steirischen Unternehmen (plus 56 Prozent zum Vorjahreszeitraum) seit Jahresbeginn Platz eins. „Getrieben von massiven Preissteigerungen ist insbesondere der Wohnbau betroffen“, so Jonke. Auf Platz zwei liegt der Handel mit insgesamt 34 Pleiten (plus drei Prozent). Auf Position drei rangiert der Sektor Beherbergung/Gastronomie mit 31 Fällen (plus 35 Prozent).
Der Ausblick der KSV-Experten fällt nicht allzu rosig aus. „Die vergangenen Jahre haben nicht nur die Menschen geprägt, sondern auch die Unternehmen. Und was die finanzielle Stabilität der Betriebe betrifft, war das sehr häufig keine positive Prägung. Insofern erwarten wir, dass das Insolvenzgeschehen weiter an Fahrt aufnehmen wird“, so Jonke. Der Gläubigerschutzverband erwartet demnach, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in der Steiermark bis Jahresende die Marke von rund 700 Fällen erreichen werde. „Das wären dann rund 90 Fälle oder umgerechnet etwa 14,5 Prozent mehr Firmenpleiten als im Vorjahr.“