Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, will Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) in den kommenden Jahren die Zahl der ausgestellten Rot-Weiß-Rot-Karten deutlich erhöhen. In den kommenden vier Jahren – ausgehend von Ende 2023 – soll sich die Zahl der Karten von damals 8079 auf das Doppelte, also auf rund 16.000, erhöhen. Die Verfahrensdauer soll durch ein „Pre-Check“-Register mit Vorab-Prüfungen von Qualifikationen halbiert werden.

Seit der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte im Herbst 2022 habe sich die Zahl der ausgestellten Karten bereits merklich erhöht. In den ersten beiden Monaten des heurigen Jahres seien bereits 1570 Karten ausgegeben worden, das sei ein Plus von 39 Prozent zum Vorjahreszeitraum, teilte das Arbeitsministerium mit. Auch die Zahl der ausgestellten Rot-Weiß-Rot-Karten für Mangelberufe sei von 884 Stück Ende 2020 auf 3816 per Ende 2023 angestiegen.

Kürzere Verfahren

Die Verfahrensdauer soll indessen deutlich verkürzt werden. Bereits von 2022 auf 2023 habe sich die Dauer von 28 Tagen auf 25 Tage reduziert. Binnen eines Jahres soll sie nun halbiert werden, die Prüfungsstandards sollen jedoch nicht darunter leiden, so das Ministerium. Die verkürzte Verfahrensdauer soll die Attraktivität der Rot-Weiß-Rot-Karte erhöhen und so dazu beitragen, dass mehr Karten ausgestellt werden.

Konkrete Maßnahmen, um das zu erreichen, wurden am Montag in einem interministeriellen Strategieausschuss vorgestellt: Künftig sollen die Qualifikationen für Mangelberufe nicht mehr individuell geprüft werden, sondern es wird ein „Pre-Check“-Register eingerichtet, auf dessen Basis die RWR-Karten für Mangelberufe ausgestellt werden. Dafür werden gemeinsam mit den Partnerministerien in den Fokusländern Berufe analysiert und mit den österreichischen verglichen. Diese Vorausprüfungen werden derzeit mit den Philippinen und Indonesien erarbeitet.

Von der Prüfung ausgenommen

Von der Prüfung ausgenommen sind akademische Abschlüsse, weil diese bereits gut durch internationale Akkreditierungssysteme abgedeckt sind, aber auch teilweise „reglementierte Berufe“, in denen eine spezielle Qualifikation und Berufszulassung erforderlich ist, wie unter anderem in Gesundheitsberufen.

Die Gewerkschaft vida und die FPÖ sind sich in der Ablehnung der Rot-Weiß-Rot-Karte einig – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: „Diese Karten binden ausländische Arbeitskräfte an einzelne Arbeitgeber, was ihre Verhandlungsposition extrem schwächt und sie erpressbar macht“, kritisierte vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit in einer Aussendung den Plan, „Lohnsklaven aus dem Ausland zu rekrutieren“. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch verwies hingegen in einer Stellungnahme auf die steigende Arbeitslosenrate bei ausländischen Staatsangehörigen. „Zusätzlich fördern die inflationären Erhöhungen der Rot-Weiß-Rot-Karten Lohn- und Sozialdumping, dadurch wird auch der Import an Billigstarbeitskräften ständig verstärkt“, ergänzte die FPÖ-Politikerin.

IV und Wirtschaftsbund begrüßen Pläne

Nicht verwunderlich hingegen, dass Industriellenvereinigung und Wirtschaftsbund diese Pläne begrüßen: „Neben dem inländischen Potenzial, das schon allein aufgrund des demografischen Wandels nicht reichen wird, gilt es daher auch, gezielt qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben“, teilte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung mit. Und Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger merkte in einer Stellungnahme an: „Die Maßnahmen sind ein entscheidender Schritt, um dem Fachkräftemangel in Österreich entgegenzuwirken und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stärken.“