Der Gläubiger ist als Rechtsbegriff dieser Tage omnipräsent. Gemeint sind damit Geldgeber, die „glauben“, dass der Schuldner die Schuld erbringen wird.
Nun, beim Immobilienriesen Signa – gegründet und erdacht vom Tiroler René Benko – ging derlei Glaube großteils verloren. Auch deswegen wurde in den letzten Tagen vermutet, dass die Gläubiger der zentralen, insolventen Signa-Gesellschaften Prime und Development heute am Wiener Handelsgericht bei der Sanierungsplanabstimmung für zwei Treuhandlösungen stimmen werden. Interpretieren kann man das durchaus als radikale Wende im Insolvenzverfahren. Was aber würde der Schritt eigentlich konkret auslösen?
Möglich ist dieser „Kniff“ in Insolvenzverfahren erst seit einer Gesetzesänderung 2010. Tatsächlich wird die Treuhandvariante immer wieder einmal verwendet, besonders häufig ist das aber nicht der Fall, wie Spezialisten vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) berichten. Vermögenswerte werden in diesem Fall zur Verwertung an Treuhänder übergeben, in der Regel füllen diese Rolle die bestellten Insolvenzverwalter aus. Wobei die exakte Ausgestaltung der Treuhandschaft, also die Zuschreibung der verschiedenen Rechte (Verkaufsrecht, Zustimmungsrecht, etc.), eine hochkomplexe Angelegenheit ist. Bei den Signa-Verfahren soll diesbezüglich, wenig verwunderlich, sehr intensiv diskutiert worden sein. Klar ist: Für das bestehende Signa-Management bedeutet der Schritt Machtverlust.
Peschorn: Konkurs bringe „auf alle Fälle“ mehr Klarheit
Ziel der Treuhandkonstruktion ist es, das gesamte Vermögen zu verwerten, also zu verkaufen. Ein Wunsch, der von den Gläubigern unverblümt artikuliert wird. Man könne anhand dieser Lösung „Zeit und Geld gewinnen“, erzählt eine involvierte Person im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. So beläuft sich die Verwertungsfrist zwar prinzipiell weiter auf zwei Jahre, die Treuhandvariante kennt aber eine Verlängerung um weitere drei Jahre. Bringt der Verkauf mehr Geld als die ursprünglich vorgesehene Quote von 30 Prozent, würden in diesem Fall die Gläubiger davon profitieren.
Eine Absage erteilt den Treuhandplänen indes Wolfgang Peschorn, der als Präsident der Finanzprokuratur die Interessen der Republik Österreich vertritt. Im Ö1-Morgenjournal stellt er am Montag klar, dass er den Sanierungsplänen nicht zustimmen wird. Die für einen langsamen Verkauf notwendige Liquidität „ist derzeit nicht in Sicht“, sagte Peschorn. Auch bei Annahme des Sanierungsplans müsste man mit Druck verkaufen. „Nur über den Verkauf kann sich das Unternehmen über Wasser halten in den nächsten Wochen.“ Ein Konkurs, so Peschorn, würde „auf alle Fälle“ mehr Klarheit bringen.
Tausend Einzelgesellschaften
Findet sich auf deren Seite heute keine Mehrheit für die vorgelegten Sanierungspläne, stehen die Zeichen jedenfalls auf Konkurs. Das würde einem Bericht des Insolvenzverwalters der Signa Prime zufolge allerdings eine Verwertung binnen neun Monaten und eine Quote von gerade einmal neun Prozent bringen. Bei der Treuhandlösung könnten es mehr als 30 Prozent sein. Naturgemäß ein markanter Unterschied, vor allem, wenn man bedenkt, dass bei Signa ein Prozent rauf oder runter schnell ein paar Millionen Euro bedeutet. Eine Fortführung des Unternehmens ist übrigens in beiden Szenarien nicht vorgesehen.
Die genannten Zahlen selbst bleiben trotz aller Bemühung, Versachlichung und Rechnerei fraglich und dienen maximal als Annäherung. Primär hat die unumschiffbare Unschärfe mit der verschachtelten Struktur des Signa-Konzerns zu tun. So sind die weltweit verteilten Liegenschaften der Signa mit Sicherheit Millionen und Milliarden wert, in den Topgesellschaften aber kann darüber nicht direkt verfügt werden. Hier liegen „die Beteiligungen der Beteiligungen der Beteiligungen“, wie erklärt wird. Ein derartiges Konstrukt sei per se nicht illegal, betont dabei eine Expertin. Bei der Signa aber sei es jedenfalls „völlig ausgeufert“. Zur Erinnerung: Die Gruppe besteht aus knapp tausend Einzelgesellschaften.
Die entscheidende Sanierungsplantagsatzung beginnt jedenfalls für die Signa Prime um 13 Uhr, bei der Signa Development ist als offizieller Beginn 15 Uhr vorgesehen. Wie die Abstimmungen final ausgehen werden? Darüber kann nur spekuliert werden. Oder, wie es jemand formuliert, der seit Jahrzehnten beruflich mit Pleiten zu tun hat: „Es gab noch nie ein Insolvenzverfahren, bei dem ich mich so wenig zu prognostizieren traute.“
Und als ob das nicht alles bereits kompliziert genug wäre, tut sich heute noch eine zusätzliche Besonderheit auf. Weil die Bestreitungsfrist noch nicht abgelaufen ist, könnte in Folge die Frage auftauchen, wer eigentlich in welcher Höhe stimmberechtigt ist. In diesem Sinne: Blicken wir gespannt auf die kommenden Stunden.