Eigentlich wurde es stets als intakte Liebesbeziehung beschrieben, das Engagement der österreichischen Handelskette Spar in Ungarn. Seit 1991 ist das Unternehmen dort vertreten, mittlerweile gilt Spar in Ungarn als zweitgrößter Lebensmittelhändler. Der in mehr als 600 Filialen in Summe 16.000 Beschäftigte zählt und alljährlich mehr als zwei Milliarden Euro umsetzt.
Jetzt aber hat sich die Stimmung völlig gedreht – und Ungarn plötzlich ein Problemkind des Konzerns. Wie die Salzburger Nachrichten berichten, ist die Tochter in die Verlustzone gerutscht. Und zwar deutlich. 47,8 Millionen Euro soll das Minus im Jahr 2023 betragen haben, 32,8 Millionen Euro im Jahr 2022.
Verantwortlich dafür macht Spar aber nicht etwa eine Eintrübung des Konsums oder starke Konkurrenz, sondern Sondersteuern des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Dieser hatte etwa 2021 eine spezielle Einzelhandelssteuer für die größten Steuerzahler des Landes eingeführt. Weil Ungarns Wirtschaft in Folge des Kriegs in der Ukraine immer stärker unter Druck geriet, wurde die Abgabe sukzessive erhöht. Heuer zahlen Supermarktbetreiber wie Spar 4,5 Prozent. Mehr oder weniger offensichtlich geht es Orbán auch darum, den Anteil ausländischer Unternehmen in Ungarn stark reduzieren zu wollen.
Preisobergrenzen und Verbot von Umstrukturierung
Jetzt versucht Spar-Vorstandschef Hans Reisch einzugreifen. Er formulierte Beschwerdebriefe an Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager und Binnenmarktkommissar Thierry Breton und wandet sich auch an die zuständigen Generaldirektionen. „Wir erwarten uns, dass diese Steuer aufgehoben und ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird“, sagt Reisch laut SN. Der Standard berichtet darüber hinaus, dass dem Lebensmittelhändler auch „Preisobergrenzen, ein Verbot von Umstrukturierungen, fehlende Begründungen und mangelnde Rechtssicherheit“ ein Dorn im Auge seien.
Arbeitsminister Martin Kocher und Außenminister Alexander Schallenberg hätten in dieser Sache darüber hinaus Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen informiert. Sie sehen einen unrechtmäßigen Eingriff in die Grundfreiheiten und diskriminierende Maßnahmen.