Die Entscheidung zum Erwerb von Eigentum ist in Österreich zugleich Ticket für einen Eintritt in den Abgabendschungel. Die schlichte Faustregel: Kaufpreis ist nicht gleich Kaufpreis.

Posten wie Grunderwerbsteuer – 3,5 Prozent vom Kaufpreis – und Grundbuchgebühr – 1,1 Prozent – sind dabei als Additive nur die bekanntesten Nebenkosten. Wird der Kauf per Kredit finanziert, gesellt sich zu ohnehin anstehenden Zinsleistungen meist noch ein Strauß weiterer Zahlungen hinzu. „Kreditbearbeitungsgebühren“ ist ein oft vernommener, wenn auch tendenziell unscharfer Begriff in diesem Zusammenhang.

In Deutschland sind derlei Gebühren seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Mai 2014 unzulässig. Banken dürfen dort für Ratenkreditverträge keine gesonderten, laufzeitunabhängigen Bearbeitungsgebühren einfordern. Österreich kennt diesbezüglich eine andere Rechtssprechung. In Folge des deutschen Urteils wurde nämlich auch der Oberste Gerichtshof (OGH) angerufen. Dieser befand 2016, dass Kreditbearbeitungsgebühren hierzulande zulässig seien.

VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums

So weit, so klar. Bis der OGH vor knapp einem Monat abermals zum Zug kam. In einem bemerkenswerten Urteil bewertete das Gericht die Praxis einer Bank als illegal, nachdem der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geklagt hatte.

Im Anlassfall sahen die Kreditbedingungen der beklagten WSK-Bank in deren Gebühren- und Spesenklauseln neben einer „Bearbeitungsgebühr“ (vier Prozent des Kreditbetrages) auch „Erhebungsspesen“, „Überweisungsspesen“ sowie „Kosten für Porto und Drucksorten“ vor. Während der OGH den Begriff der „Kreditbearbeitungsgebühr“ für sich genommen im Urteil explizit als „ausreichend transparent“ ansieht, sorge die in diesem Fall vorliegende Kombination für Intransparenz, also Unrechtmäßigkeit. Es bleibe nämlich unklar, welche konkreten Leistungen bei der Bereitstellung des Kredits darüber hinaus noch mit einer „Kreditbearbeitungsgebühr“ abgegolten werden sollen.

Anwalt verweist auf Rückforderungsansprüche

„Konsequenz daraus ist, dass betroffene Kreditkundinnen und Kreditkunden die verrechneten Gebühren zurückverlangen können“, sagt der Grazer Rechtsanwalt Andreas Kaufmann zur Kleinen Zeitung. Ansprüche würden erst „30 Jahre ab Zahlung verjähren“ und seien mit „vier Prozent zu verzinsen“, erklärt Kaufmann. Das gelte für bereits getilgte Kredite ebenso wie für laufende Kreditverhältnisse.

Rechtsanwalt Andreas Kaufmann
Rechtsanwalt Andreas Kaufmann © KK

Kaufmann schreibt dem Urteil weitreichende Wirkung zu, jedenfalls über die eine betroffene Bank hinaus, und zeigt sich „gespannt, was dadurch alles ins Rollen kommt“. Der Anwalt rät, dass potenziell betroffene Konsumentinnen und Konsumenten ihre Kreditverträge „diesbezüglich prüfen lassen“. Kaufmann: „Es kann sich lohnen.“ Immerhin handle es sich „in der Regel jeweils um Gebühren von mehreren Tausend Euro“.

Bankenverband: „Eine von 470 Banken in Österreich“

Beim Österreichischen Bankenverband zeigt man sich ob des Urteils indes gelassen. Der Spruch betreffe die Modalitäten von „einer der insgesamt 470 Banken in Österreich“. Deswegen bedeute er auch nicht, „dass Kreditbearbeitungsentgelte nun generell unzulässig oder generell intransparent wären“. Der OGH hätte mit der Entscheidung „nicht allgemein über die Zulässigkeit einer Kreditbearbeitungsgebühr entschieden“.

Zum jetzigen Zeitpunkt sieht der Bankenverband deswegen auch „keinen Grund, von einer massenhaften Rückforderung von Kreditbearbeitungsentgelten auszugehen“.