Es ist eine 40-köpfige Delegation, die sich am Wochenende auf den Weg nach Indien gemacht hat. Mit Wirtschaftskammer-Vizechef Herbert Ritter an der Spitze (Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl war erkrankt) soll die hochkarätige Wirtschaftsdelegation Chancen und Strategien für den indischen Wirtschaftsraum ausloten.

Steirer-Delegation in Indien: Chancen und Strategien ausloten
Steirer-Delegation in Indien: Chancen und Strategien ausloten © KK

Aus gutem Grund: Indien gilt international als Hoffnungsträger. „Für den indischen Subkontinent werden für die kommenden Jahre Wachstumsraten von über sechs Prozent erwartet, was angesichts der aktuellen Wirtschaftslage hervorsticht“, erläutert Karl Hartleb vom ICS. Er sieht besondere Chancen auf eine Steigerung der Exporte und erwähnt Indien auch als Alternative zu China. Bereiche? Mobilität, Anlagenbau, Automation genauso wie IT, Digitalisierung und Raumfahrt. In dem Bereich wird Indien als führender globaler Produktionsstandort ausgebaut.

Karl Hartleb, ICS: „Wachstumsraten von über sechs Prozent werden erwartet“
Karl Hartleb, ICS: „Wachstumsraten von über sechs Prozent werden erwartet“ © KLZ / Foto Fischer

Auch wenn steirische Unternehmen bereits in Indien tätig sind (wie Agrana, ams-Osram, Andritz/Hydro, Anton-Paar, AT&S, AVL, Efkon/Strabag, Magna Steyr, Münzer Bioindustrie, Voestalpine Railtechnology, XAL) gebe es noch viel Luft nach oben, aufgrund der Größe des Marktes und der Wachstumsraten. Infrastruktur, Umwelttechnologie, Energie, Medizintechnik/Pharma und Digitalisierung seien weitere Schlagworte. Insbesondere in der Gestaltung der grünen Transformation hätten steirische Betriebe viel Know-how und Technologie, die für indische Kunden und Partner von Interesse seien.

Zwar verzeichnet man beachtliche Exportzuwächse Österreichs nach Indien (2021: +23 Prozent; 2022: +15 Prozent), aber der Anteil am Gesamthandel bleibt gering: Nur etwas mehr als 0,5 Prozent der österreichischen Exporte (Anteil an steirischen Exporten nur 0,18 Prozent) werden gezählt. Bisher liegt man nur auf Platz 27 unter den österreichischen Exporten. Insgesamt sind 150 österreichische Niederlassungen in Indien tätig.

Grüne Transformation

IV-Geschäftsführer Gernot Pagger beschreibt seine Sichtweise so: „Seit Juni 2022 führt die Europäische Union Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit Indien. Darin sehen wir einen potenziellen Hebel, um die wirtschaftlichen Beziehungen zu Indien zu intensivieren und in Bereichen wie Dekarbonisierung oder auch Digitalisierung eine Win-Win-Situation zu ermöglichen. Indien bietet der EU Zugang zu seinem großen und wachsenden Markt, die EU unterstützt mit Investitionen, Technologie und Marktzugang das Wachstum der indischen Wirtschaft. Und kann Indien so auch bei der grünen Transformation begleiten.“

AVL und Wasserstoff

Bernhard Puttinger vom Greentech-Cluster sieht steirische Chancen im Umweltbereich und in der grünen Transformation rund um neue industrielle Produktionsanlagen oder erneuerbare Energien sowie Kreislaufwirtschaft und Verfahrenstechnik oder Wassermanagement. Über zehn Prozent Wachstum bei der Produktion erneuerbarer Energien seien in Indien vorhergesagt, auch in diesem Bereich könne die Steiermark ihren Beitrag leisten. „Spannend“, wie Puttinger es ausdrückt, sei die indische Wasserstoff-Initiative. Hier sei AVL List, international längst ein großer Player auf diesem Markt, in einer guten Position.

Manfred Brandner von der eee Group erklärt, es gehe vor allem um Zukunftsperspektiven. Indien sei eine der Digitalisierungs-Weltmächte, Konzerne wie Daimler verlagern ihre IT nach Indien, viele indische Unternehmen sind auf Einkaufstour, auch bei uns in Österreich. Ein Asset: Man hätte mehr Vertrauen als in die Umsetzung von chinesischen Projekten.

Barbara Eibinger-Miedl: „Konkrete Geschäftsmöglichkeiten in Indien“
Barbara Eibinger-Miedl: „Konkrete Geschäftsmöglichkeiten in Indien“ © Jürgen Fuchs

Mehr als 200 Millionen Euro im Jahr

Landesrätin Eibinger-Miedl schließt das Thema so ab: „Exporterfolge unserer Unternehmen sind entscheidend für eine positive wirtschaftliche Entwicklung der Steiermark, hängt doch jeder zweite heimische Arbeitsplatz am Export. Wir müssen daher neben unseren bestehenden Handelspartnern auch neue Märkte mit entsprechendem Potenzial bearbeiten. Indien ist ein interessanter, aber herausfordernder Markt. Deshalb ist es wichtig, sich ein entsprechendes Netzwerk vor Ort aufzubauen. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir auch konkrete Geschäftsmöglichkeiten ausloten können. Unser Ziel ist es insgesamt, das steirische Exportvolumen nach Indien, das zuletzt rund 200 Millionen Euro pro Jahr betragen hat, deutlich zu steigern.“