Die Grundlagen für die heimische Elektrizitätswirtschaft werden sich mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) wohl massiv verändern. Die Begutachtungsfrist für das Gesetz, das das bestehende ElWOG ablösen soll, ist am Freitag abgelaufen, eine Reihe von Stellungnahmen wird nun verarbeitet. Was dann konkret im Parlament beschlossen werden wird, ist freilich noch offen. Gewiss scheint, dass auf Strombezieher eine Reihe von Veränderungen zukommen. Hier ein Überblick:
1. Die Netztarife werden flexibel. Der Stromverbrauch wird, davon gehen alle Experten aus, weiter steigen. Umso bedeutender sei es, die Netze, die teuer ausgebaut werden, zu entlasten. Dazu kommt, dass aufgrund des steigenden Anteils an Sonnenenergie jene Strommengen, die tatsächlich verrechnet werden können, weniger werden. Der mögliche Ausweg ist eine „Flexibilisierung der Netzentgeltstruktur“: Die Netztarife können dann niedriger sein, wenn die Netze z. B. viel Strom aus Photovoltaik-Anlagen aufnehmen müssen – also etwa im Sommer von 10 bis 15 Uhr, und zeitgleich Stromverbraucher eingeschaltet werden. Bezieht man hingegen im Gegensatz zum Beispiel, zeitlich unberücksichtigt von der Netzlast, mehr Leistung aus dem Netz, wird es teurer. „Netzdienliches Verhalten wird belohnt“, erklärt Alfons Haber, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control.
Wichtig: Es geht dabei nicht um die Preise für Strom, die könnten dann sogar günstig sein, sondern um die Netzbelastung – etwa, wenn besonders viele Verbraucher die Netzlast erhöhen, weil gleichzeitig die Sauna eingeschaltet wird und das E-Auto mit 20 kW lädt. Wer sein E-Auto jedoch mit 4 kW lädt oder eine Wärmepumpe betreibt, soll definitiv nicht mehr für die Netznutzung zahlen müssen, sagt Haber. Ab welchem Leistungswert die Kosten steigen, sei noch offen. Auch wenn besonders viele Strombezieher das Netz belasten, soll die Netznutzung künftig mehr kosten. Die neue Regelung mit zeitlich begrenzten Netztarifen werde für alle Netzebenen, auch für Haushalte, gelten. In welcher Form die Netztarife dann tatsächlich variieren, etwa zeitlich und tagesaktuell, ist noch Gegenstand von Diskussionen, so Haber, der auch von einer Frage der „sozialen Gerechtigkeit“ spricht.
2. Der in die Diskussion geratene Grundversorgungstarif, den Energieanbieter offerieren müssen, soll reformiert werden. Wer künftig darauf Anspruch haben soll und zu welchen Preisen, sei ebenfalls Gegenstand der Diskussionen, so Haber. Derzeit kann sich jeder auf den Grundversorgungstarif berufen, dieser entspricht jenem Preis, den die Mehrheit der Kunden zu bezahlen hat. Künftig soll der Bezieherkreis konkretisiert werden, so Haber. „Derzeit wird darüber ergebnisoffen diskutiert.“
3. Heute versenden Energieversorger für jede Preisänderung einen neuen Vertrag, aus Gründen der „Rechtssicherheit“, wie es heißt. Das soll künftig anders werden. „Es soll nicht sein, dass jedes Jahr Millionen neuer Stromverträge abgeschlossen werden müssen“, erklärt Haber. Allein der Aufwand bei den Lieferanten sei enorm. Dieser müsse jetzt eingepreist werden. Und auch für die Haushalte sei der Zusatzaufwand hoch. Transparente Preisanpassungen ohne neue Verträge abschließen zu müssen sei ein mögliches Ziel, so Haber.
4. Kein Thema im ElWG ist bisher die vor allem in Kärnten, wo die Netztarife die höchsten Österreichs sind, geforderte bundesweite Vereinheitlichung der Netzgebühren. Derzeit gibt es für 14 verschiedene Regionen eigene Netztarife, käme ein Österreichtarif, würden etwa viele Regionen, etwa Vorarlberg, um 20 bis 30 Prozent mehr zahlen als heute. Andere, wie Kärnten würden profitieren.
Für ein neues Elektrizitätswirtschaftsgesetz brauche es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, derzeit werde darüber in verschiedenen Formaten diskutiert, Abänderungen seien auch noch im Parlament möglich. Eine Beschlussfassung sei bis zum Sommer möglich, so Haber. Die flexiblen Tarife etwa könnten dann ohnehin frühestens 2026 Realität werden.