Dass der Mobile World Congress, Taktgeber der Mobilfunkindustrie, ein Kongress der Visionen und des technisch maximal Möglichen ist, erlaubte ich mir bereits festzustellen. Heuer vielleicht sogar noch ein wenig mehr als in den letzten Jahren.
Der AI Pin des US-Start-ups Humane ist zumindest schon einen Schritt weiter. Ins Leben gerufen von den Ex-Apple-Mitarbeitern Imran Chaudhri und Bethany Bongiorno wurde die Hightech-Ansteckbrosche Ende 2023 gleich einmal zum Endgegner von Smartphones stilisiert. Auch wenn Humane selbst nie explizit davon sprach, machte das Unternehmen keinen Hehl daraus, etwas Großem auf der Spur zu sein. Der Praxistest steht knapp bevor. Im April startet der Vertrieb in den USA, wo T-Mobile als Partner gefunden wurde.
OpenAI als Partner im Pin
In Barcelona feiert der Pin publikumswirksame Europa-Premiere und findet sich am Stand des US-Chipriesen Qualcomm. Wenig verwunderlich, läuft im Inneren des Ansteckers doch Qualcomms Snapdragon-Prozessor. Was den Pin ausmacht? SIM-Karte: ja, Bildschirm: nein. Interagiert wird per Sprachbefehl oder Geste, den Rest macht das Gerät selbst. Für die Künstliche Intelligenz des Steckers sorgt ein Sprachmodell von OpenAI – aber „nur zurzeit“, wie es von einer Humane-Mitarbeiterin keck heißt. „Kommt ein besseres Modell, können wir natürlich auch auf dieses umsteigen“.
Bei der anschließenden Demo bleibt das Selbstbewusstsein hoch. Irgendwie zurecht, denn am MWC dürfen nur Humane-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter das Gadget steuern. Und diese scheinen gut geschult.
Der AI Pin kann auf Geheiß SMS schreiben oder Musik abspielen. „Spiel Taylor Swift“, lautet der Befehl aus dem asiatischen Beobachterinnenkreis und schon legt der Pin los. Eigentlich die mit dem AI Pin verbundene und unter dem Pullover versteckte Bluetooth-Box. Erst auf Nachfrage wird das bei der Demo klar. „Ansonsten wäre die Musik zu leise. Es ist relativ laut hier“, heißt es, nicht mehr ganz so keck. Trotzdem klingt der Sound hölzern.
Wir bleiben indes Swifties. „Wo findet das nächste Konzert statt?“, wird gefragt, ohne den Namen Taylor Swift noch einmal explizit zu nennen. „In Singapur“, antwortet das knapp 700 US-Dollar teure Gadget, für das in den USA zu Beginn auch noch monatliche Abo-Kosten anfallen. „Und wie heißt ihr Freund?“ – „Taylor Swift ist currently dating Travis Kelce“.
Das kann man sich vom AI Pin übrigens nicht nur ansagen lassen. Der integrierte Projektor verschriftlicht die Antworten per „Laser ink“, falls gewünscht, auch auf der Handfläche. Spannend ist die Funktion als Dolmetscher, interessant auch die Möglichkeit, Szenarien zu beschreiben, die sich im Vordergrund des Pins abspielen.
Offen bleibt freilich, wie und ob die breite Kundschaft derlei Technologie tatsächlich haben will und sie sich auf die Reduktion der Anwendungen einlässt. Nicht zuletzt thront über all dem die Frage, ob die Menschen schon bereit sind, sich wieder von Displays zu lösen.
Anmerkung: Die Reise zum Mobile World Congress erfolgt auf Einladung von Magenta.