Deutschland läuft Gefahr, in eine lang anhaltende Phase der Wirtschaftsschwäche einzutreten. Das geht aus dem jüngsten Jahreswirtschaftsbericht der deutschen Bundesregierung hervor, der heute, Mittwoch, vorgelegt wird. Dieser Bericht, ein zentrales Dokument wirtschaftspolitischer Grundsatzlinien, erregt in diesem Jahr so viel Aufmerksamkeit wie schon lange nicht mehr. Der Grund: Die Bundesregierung erwartet, dass die deutsche Wirtschaft mittelfristig nur mehr um 0,5 Prozent pro Jahr wachsen wird. Gründe für den Einbruch der Wirtschaft sind der demografische Wandel, vernachlässigte Standortfaktoren sowie geopolitische Risiken.
Wachstumspotenzial nach unten korrigiert
Ein Mini-Wachstum wird in diesem Jahr prognostiziert: 2024 soll die deutsche Wirtschaft gar nur noch um 0,2 Prozent wachsen, heißt es in dem Bericht. Zuvor war man in Deutschland mit 1,3 Prozent noch von einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum ausgegangen, 2025 soll das Plus lediglich ein Prozent betragen, so die Prognose.
Das lässt auch Österreichs Wirtschaft keineswegs kalt. „Wenn Deutschland leidet, hat in der Vergangenheit immer auch Österreich mitgelitten“, sagt Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker zur Kleinen Zeitung. „Es schaut nicht gut aus.“ Denn die Konjunktur springe auch in Österreich nach wie vor nicht an. Das erste Quartal 2024 verläuft, so viel lässt schon sagen, schlechter als erwartet. „In Summe haben die belastenden Kräfte zugenommen, es wird auch bei uns zu Abstrichen gekommen“, sagt Scheiblecker.
„Dramatisch schlecht“ nannte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das lahme Wachstum, „peinlich“ Finanzminister Christian Lindner (FDP), berichtet das deutsche „Handelsblatt“. Und es zitiert ifo-Chef Clemens Fuest, der auch mittelfristig kaum Besserung erwartet, was am deutlich gekürzten Wachstumspotenzial erkennbar werde: „Die Investitionen entwickeln sich dermaßen schlecht, dass das Wachstumspotenzial nach unten revidiert werden muss.“
„Radikale Wachstumsagenda“
Im Bericht werden Maßnahmen vorgeschlagen, wie dem lahmen Wachstum auf die Sprünge geholfen werden soll. So sollen Unternehmen in Deutschland mit weniger Steuern belastet werden, was sowohl Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollen. Über die Art und Weise, wie die Steuerlast sinken soll, ist man sich freilich uneins – Habeck will etwa gezielte Förderungen für Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität, Lindner Bürokratieabbau und Steuersenkungen ohne neue Schulden. Die Rede ist von einer „radikalen Wachstumsagenda für Deutschland“, Reformen und einem Kurswechsel, der auf die aktuellen Herausforderungen reagiert.