Die Bodenhaftung habe er nicht verloren, gibt Rainer Trefelik klar zu verstehen. „Es ist keine irrationale Alles-ist-gut-Botschaft“, sagt er zur Kleinen Zeitung, doch er sei überzeugt: „Den größten Teil des Tunnels haben wir hinter uns.“
Der Obmann der Handelssparte in der Wirtschaftskammer blickte am Dienstag gemeinsam mit Handelsforscher Peter Voithofer noch einmal auf das vergangene Jahr, das für die Branche wenig Positives zu bieten hatte. In Zahlen sieht das so aus: Nominell stieg der Gesamtumsatz um drei Prozent auf 86,2 Milliarden Euro, preisbereinigt, also real schrumpften die Erlöse aber um 3,4 Prozent im Vergleich zu 2022. „Das entspricht dem stärksten Rückgang der letzten Dekade“, unterstrich Voithofer. 944 Handelsbetriebe schlitterten 2023 in die Insolvenz, ein Anstieg um 14,3 Prozent.
„Das konnten viele Betriebe nicht mehr stemmen“
„Die hohen Kosten, von der Energie über die Miete bis zu den Löhnen, gepaart mit der Kaufzurückhaltung der Konsumenten konnten viele Betriebe nicht mehr stemmen“, analysiert Trefelik. Vor allem deshalb, weil die Ertragslage vieler Unternehmen im starken Wettbewerb weiterhin schwach ausfällt.
Auch wenn das Jahr 2023 „keine Absprungbasis“ bilde, so Trefelik, gelte für 2024 das Prinzip Hoffnung. „Ich blicke auf ein halb volles Glas. Es gibt zarte Signale, dass wir bei der Konsumflaute den Tiefststand erreicht und die Wende zum Positiven bereits hinter uns haben.“ Nach drei Jahren „Dauerkrise“ brauche es nun positive Impulse. Die Inflation befinde sich im Sinken, die letzten Gehaltsabschlüsse liegen allesamt über der Teuerungsrate, das (teilweise) Ende der kalten Progression wirke sich aus. „Die Menschen haben mehr in der Geldbörse“, sagt der Handelsobmann. Und: „Wenn ein Konjunkturpaket für den Bau kommt, ist das auch für den Handel gut.“
Voithofer, Vorstand des Instituts für Österreichs Wirtschaft, erwartet, dass 2024 der Non-food-Sektor im Handel wieder Aufwind verspüren werde – also jener Bereich, der nicht zur Grundversorgung zählt und in den vergangenen Jahren mit Absatzproblemen kämpfte. Zugleich werde es gerade in diesem Bereich weiterhin vermehrt Insolvenzen geben.
„Nach vier Jahren haben wir endlich das Niveau von 2019 wieder erreicht“
Sogar der Lebensmitteleinzelhandel verzeichnete 2023 ein reales Umsatzminus von 1,0 Prozent. Ein kleines reales Plus schaffte lediglich der Modehandel (plus 1,0 Prozent). „Nach vier Jahren haben wir endlich das Niveau von 2019 wieder erreicht“, sagt Trefelik. „Das Problem ist jedoch, dass viele Modehändler sowohl Bekleidung als auch Schuhe anbieten und es ihnen daher noch alles andere als rosig geht“, ergänzt Voithofer. Andere Bereiche – Schmuck, Spielwaren, Möbel, Bücher und Zeitschriften – sind indes noch immer unter dem Niveau von 2019.
Es müsse Schluss sein mit den exorbitanten Kostensteigerungen der letzten Jahre, wendet sich Trefelik an die Politik. „Wir brauchen Energiesicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen und eine Senkung der Lohnnebenkosten – auch, um die Lohnkostensteigerungen ein wenig zu kompensieren.“ Strengere Kontrollen fordert der Handelschef bei Einfuhren aus Drittländern: „Die EU hat hier rechtlich für mehr Fairness gesorgt, indem unter anderem die 22 Euro-Grenze der Einfuhrumsatzsteuer für Importe aus Drittländern weggefallen ist. Als nächster Schritt soll der Entfall der 150 Euro-Zollfreigrenze folgen.“ Das müsste aber kontrolliert werden, sonst sei es zahnlos.