Eines gleich vorweg: Nur 10 von insgesamt 19 Versicherungen haben im Nachhaltigkeitscheck auf die Fragen der Arbeiterkammer schriftlich oder in einem Interview geantwortet. Für Christian Prantner, der die Abteilung Konsumentenpolitik bei der AK Wien leitet, ist das nur eines von mehreren Indizien dafür, dass nachhaltige Versicherungstarife gewissermaßen noch in den Kinderschuhen stecken.
Für die Analyse wurden im Herbst 2023 außerdem Geschäftsberichte durchforstet und die Web-Seiten der Versicherer im Detail untersucht. Es ging um nachhaltige Tarifangebote für Konsumentinnen und Konsumenten mit dem Fokus auf Sach-, Personen- und Lebensversicherungen, die nach den drei zentralen Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung konzipiert sind.
Lebensversicherungen
Was in der Tarifwelt als häufig als nachhaltig bezeichnet wird, sind fondsgebundene Lebensversicherungen. Hier kommt es auf die Nachhaltigkeit von Investmentfonds an, wie Prantner betont. „Nachhaltige Fonds sind mit dem österreichischen Umweltzeichen zertifiziert“, sagt er. Mit diesem Label sind Unternehmen mit bestimmten Kerngeschäftsfeldern (etwa fossile Brennstoffe, Nuklearenergie, Rüstung, Gentechnik oder Tabak), sowie Staaten und Unternehmen, die bestimmte internationale Standards und Normen verletzen, auszuschließen.
Die Versicherer sind außerdem verpflichtet, ihre Produkte gemäß EU-Offenlegungsverordnung einzustufen. In Österreich gibt es Artikel-8- und Artikel-9- Fonds gemäß dieser Verordnung – das sind hellgrüne oder dunkelgrüne Fonds.“ Die Problematik dabei: „Welche Fonds als nachhaltig im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung zu gelten haben, definieren die Finanzinstitute im ersten Schritt für sich selbst und unbeaufsichtigt. Das führt zu unterschiedlichen Einstufungen, weil klare Definitionen fehlen, was als nachhaltig im Sinne von Artikel 8 oder Artikel 9 zu gelten hat“, erklärt Gabriele Zgubic, Leiterin der Konsument:innenpolitik der AK Wien.
Als Versicherer, die in Österreich eine ausgeprägtere Produktpalette in Sachen Nachhaltigkeit haben, nennt Prantner die Uniqa, Allianz, Helvetia, Zurich Invest und Merkur. International kommen noch AXA, Generali, und die holländische NN Group.
Kfz-Bereich
Kfz-Versicherungen werden ebenfalls häufig als „nachhaltig“ beworben. „Hier wird Hybrid-, oder E-Mobilität zum Beispiel mit einem Prämienrabatt von 25 Prozent versichert. Oder die Prämie ist gekoppelt an die Fahrleistung. Wer weniger fährt, was umweltfreundlicher ist, zahlt weniger Prämie. Und dann wäre da noch das Prinzip ,Zuschuss für die Reparatur statt Neuversicherung‘, sagt der Experte.
Gebäude und Hausrat
Besonders ausgeprägt ist die Nachhaltigkeit, so die Bewertung der AK, bei Gebäudeversicherungen. Hier gibt es Rabatte für klimafreundliches Bauen und Sanieren oder Prämienrabatte für die Installation von PV-Anlagen, Rabatte auf umweltzertifizierte Gebäude – außerdem sind Wärmepumpen in der Deckung inkludiert. Und es gibt ein paar wenige Tarife für PV-Anlagen, also spezielle Versicherungen, die erneuerbare Energien versichern.
Nachhaltiger Schadenersatz
Ein besonderes vielversprechender „Hebel“ bei Schaden- bzw. Sachversicherungen ist, dass im Schadenfall auf Nachhaltigkeitsansätze gesetzt wird. Das bedeutet: Die Schadenabwicklung wird im Leistungsfall an Nachhaltigkeitsaspekten ausgerichtet. „Ein konkretes positives Beispiel für bereits existierenden oder geplanten nachhaltigen Schadenersatz ist, wenn Reparatur statt Neukauf von Elektrogeräten im Rahmen der Haushaltsversicherung gefördert wird“, sagt Prantner.
Zgubic betont: „Bei den Schaden- bzw. Sachversicherungen sollten alle Aktivitäten rund um einen nachhaltigen Schadenersatz ausgebaut und forciert werden: Reparieren statt Materialien wegwerfen bzw. aufwendig tauschen, umweltfreundliche Materialien statt umweltschädlicher Materialien im Zuge von Reparaturen etc. lauten Leitlinien in dieser Richtung.“
Rat für Verbraucher
Auf die Frage, was Konsumenten konkret tun können, um einen nachhaltigen Tarif zu bekommen, sagt die AK-Expertin: „Zuerst sollten Sie bei Versicherungen aktiv danach fragen. Erkundigen Sie sich auch, ob es Rabatte gibt, wenn etwa nachhaltige Kfz-Versicherungsprämien angeboten werden. Und fragen Sie auch unbedingt nach nachhaltigem Schadenersatz, also nach einer Schadensgutmachung nach nachhaltigen Kriterien: Forciert der Versicherer Reparieren statt Wegwerfen oder Neukauf? Fördert der Versicherer den Ersatz eines Schadens, zum Beispiel im Haushalt bzw. Eigenheim, durch umweltfreundliche Materialien?
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