Der Höhenflug des dänischen Pharmakonzerns Novo Nordisk hält dank der begehrten Abnehmspritze Wegovy an. Nach einem Umsatz- und Gewinnsprung von mehr als 30 Prozent im vergangenen Jahr will Novo Nordisk 2024 weiter kräftig zulegen. „2024 werden wir uns darauf konzentrieren, mehr Patienten zu erreichen, unsere Pipeline voranzutreiben und zu erweitern sowie unsere Produktionskapazitäten weiter deutlich auszubauen“, sagte Vorstandschef Lars Fruergaard Jörgensen am Mittwoch.
In den USA will Novo Nordisk die Lieferungen seiner niedriger dosierten Wegovy-Starterdosen gegenüber den vergangenen Monaten mehr als verdoppeln. Damit könnten wieder mehr neue Patienten Zugang zur Abnehmspritze erhalten.
Wertvollstes börsennotiertes Unternehmen Europas
Die Aktien von Novo Nordisk kletterten an der Kopenhagener Börse um bis zu vier Prozent auf ein Allzeithoch. Wegovy, das Mitte 2021 in den USA und im Sommer 2023 auch in Deutschland auf den Markt kam, hat Novo zu Rekordumsätzen verholfen und es zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen in Europa gemacht, noch vor dem Luxusgüterkonzern LVMH. Novo hatte im Mai angekündigt, angesichts der immensen Nachfrage nach Wegovy den Zugang neuer Patienten in den USA zu beschränken und das Angebot an Starterdosen zu verknappen, um die bestehenden Patienten zuverlässig versorgen zu können. Währenddessen arbeitete das Unternehmen am Ausbau seiner Lieferkapazitäten.
Sinkende Preise
Nach Angaben der US-Arzneimittelbehörde FDA sind in den USA vier von fünf Dosisstärken von Wegovy knapp. Doch laut Jörgensen sollten die Verschreibungen in den kommenden Wochen die höheren Lieferungen der Starterdosen widerspiegeln. Die Preise für das Medikament dürften sinken, da Wegovy durch die Markteinführung der Abnehmspritze Zepbound von Eli Lilly zum ersten Mal Wettbewerbsdruck spüren dürfte. „Der Wettbewerb wird sich um die Ausweitung des Angebots drehen“, sagte Finanzvorstand Karsten Munk Knudsen. „Wir erwarten, dass die Preise bei weiterem Mengenwachstum allmählich sinken werden. Aber das wird durch die Mengenausweitung mehr als ausgeglichen werden.“
Heuer 18 bis 26 Prozent mehr Umsatz angepeilt
Im vergangenen Jahr sprang der Umsatz von Novo im Adipositas-Geschäft um 147 Prozent. Insgesamt setzte der Konzern 232,3 Milliarden dänische Kronen (31,2 Mrd. Euro) um, das ist ein Zuwachs von 31 Prozent binnen Jahresfrist. Zu konstanten Wechselkursen stand ein Plus von 36 Prozent zu Buche. Der operative Gewinn kletterte um 37 Prozent auf 102,6 Mrd. Kronen. Für 2024 erwartet Novo zu konstanten Wechselkursen ein Umsatzwachstum von 18 bis 26 Prozent und einen Anstieg des operativen Gewinns von 21 bis 29 Prozent. In dänischen Kronen dürfte das Umsatz- und Ergebnisplus voraussichtlich um ein bzw. zwei Prozentpunkte niedriger ausfallen.
Übernahme von „Catalent“
Jetzt plant der Novo-Mutterkonzern „NovoHoldings“ den US-Auftragshersteller Catalent um 11,5 Mrd. Dollar (10,57 Mrd. Euro) zu schlucken. Catalent spielt eine wichtige Rolle bei der Produktion der begehrten Abnehmspritze von Novo Nordisk.
Durch die Übernahme werde Novo Nordisk seine Produktion von Wegovy und dem Diabetesmittel Ozempic weiter ausbauen können, sagte Novo-Holdings-Chef Kasim Kutay am Montag. Denn kurz nach Abschluss des Deals will die Investmentgesellschaft drei Abfüllanlagen von Catalent für eine Vorauszahlung von 11 Mrd. Dollar an Novo Nordisk weiterreichen.
Transaktion um 16,5 Mrd. Dollar
Die Aktionäre von Catalent sollen 63,50 Dollar je Aktie erhalten. Das entspricht einem Aufschlag von 16,5 Prozent auf den letzten Schlusskurs vom Freitag. Inklusive Schulden beläuft sich der Gesamtwert der Transaktion auf 16,5 Mrd. Dollar. Novo Holdings, die Holdinggesellschaft der Unternehmensstiftung Novo Nordisk Foundation, sichert sich mit dem Zukauf weitweit mehr als 50 Standorte von Catalent. An Novo Nordisk soll eine Abfüllanlage in Italien, eine in den USA und eine in Belgien gehen. Die drei Standorte beschäftigen mehr als 3000 Menschen und arbeiten bereits mit Novo Nordisk zusammen.
Erhöhte Abfüllkapazitäten ab 2026
„Wir freuen uns sehr über die Vereinbarung zum Erwerb der drei Catalent-Produktionsstätten, die es uns ermöglichen werden, in Zukunft deutlich mehr Menschen mit Diabetes und Adipositas zu versorgen“, sagte Novo-Nordisk-Chef Lars Fruergaard Jörgensen. „Die Akquisition ergänzt die bedeutenden Investitionen, die wir bereits in Anlagen für pharmazeutische Wirkstoffe tätigen, und die Standorte werden unser bestehendes Versorgungsnetz strategisch flexibel ergänzen.“ Die Übernahme sollte die Abfüllkapazität von Novo Nordisk ab 2026 schrittweise erhöhen.
Deal bis Jahresende unter Dach und Fach
Der Vorstand und der Verwaltungsrat von Catalent haben der Übernahme, die Ende des Jahres unter Dach und Fach gebracht werden soll, bereits zugestimmt. Der US-Konzern hatte im vergangenen Jahr mit Produktionsproblemen und behördlichen Inspektionen in seinen Anlagen zu tun. Im August begann das Unternehmen eine strategische Überprüfung seiner Geschäfte und berief neue Mitglieder in seinen Aufsichtsrat, nachdem es sich in einem Streit mit dem aktivistischen Investor Elliott geeinigt hatte. Dies rief Novo Holdings auf den Plan, wie Kutay sagte. „Wir erkannten die Gelegenheit, etwas zu tun.“ Elliot sprach sich am Montag für den Deal aus: „Als bedeutender Investor in Catalent unterstützt Elliott die heute angekündigte Transaktion voll und ganz“, erklärte Partner Marc Steinberg.