Mangelnde Transparenz durch zu spät veröffentlichte Bilanzen ist nicht nur bei der Signa ein Thema: Laut einer Analyse des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV1870) haben 12,2 Prozent jener Unternehmen, die dazu verpflichtet wären, für das Geschäftsjahr 2022 noch keine Bilanz vorgelegt. Weitere 3,8 Prozent haben sie zu spät eingereicht. Wobei mit 3,4 Prozent der Großteil davon innerhalb von drei Monaten nach dem Stichtag der Verpflichtung nachgekommen ist.
„Akuter Aufholbedarf“
„Es besteht akuter Aufholbedarf“, sagte Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding GmbH laut einer Aussendung des KSV1870. „Das ist nicht nur gesetzeswidrig, sondern zugleich auch im Sinne eines professionellen Risikomanagements und Gläubigerschutzes unverantwortlich.“
Schließlich müsse die Bilanz innerhalb von neun Monaten nach dem Bilanzstichtag eingereicht werden. Aber auch bei den übrigen Unternehmen gibt es laut den Kreditschützern Verbesserungsbedarf: Es sind vor allem betriebswirtschaftliche Fehler, die sich in die Jahresabschlüsse eingeschlichen haben.
Lesbarkeit massiv eingeschränkt
Zu den qualitativen Kritikpunkten zählen vor allem betriebswirtschaftliche Aspekte. Viele Fehler seien offensichtlich: So werde etwa ein negativer Kassenbestand ausgewiesen, was faktisch unmöglich sei. Oder Aktiva und Passiva seien nicht ident, kritisierte der KSV1870. Weiters komme es vor, dass Unternehmen über Jahre hinweg exakt dieselben Bilanzwerte einreichen, wobei nur das jeweilige Bilanzjahr aktualisiert werde, führten die Gläubigerschützer als Negativ-Beispiele an. Aber auch handschriftlich eingereichte Bilanzen würden die Lesbarkeit massiv einschränken.
„Nicht erfüllte Mindeststandards und eine nicht erfolgte Qualitätskontrolle vor Einreichung kommen leider häufiger vor, als man glauben mag“, sagte Günther Fasching, Prokurist der KSV1870 Information GmbH, laut der Aussendung. Dies sei eine Folge dessen, dass die Anforderungen in den vergangenen Jahren sukzessive reduziert wurden. „Als KSV1870 sehen wir diese Entwicklung kritisch und plädieren für eine Rückkehr zu früheren Veröffentlichungsbestimmungen“, ergänzte Fasching.
Schwierigere Risikoeinschätzung
Daher erteilt der KSV1870 auch der immer wieder diskutierten Verlängerung der Einreichfrist eine Absage. „Je länger der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Geschäftsergebnisses vom eigentlichen Geschäftsjahr entfernt liegt, umso weniger sagt die Bilanz auch über den derzeitigen wirtschaftlichen Status quo des jeweiligen Unternehmens aus“, ergänzte Fasching. „Das macht eine profunde Risikoeinschätzung nicht unbedingt einfacher“. Im Gegenteil, die Bedingungen sollten maßgeblich verschärft werden, so die Forderung des KSV1870. Demnach sollte nicht nur über das Strafausmaß nachgedacht, sondern auch das Thema Haftung in Erwägung gezogen werden. „Es muss dort Druck aufgebaut werden, wo es besonders schmerzt“, sagte Fasching.
Aber nicht nur der KSV1870 spricht sich für ein rigoroseres Vorgehen gegen Unternehmen aus, die ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommen. Vergangenen Freitag gab es im Justizministerium einen runden Tisch zum Thema Bilanz-Verschleierung: Justizministerin Alma Zadic (Grüne) besprach das Thema mit Expertinnen und Experten der Finanzprokuratur, der Gläubigerschutzverbände KSV1870, Creditreform und AKV, der Arbeiter- und der Wirtschaftskammer, der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, der ÖGB, von Transparency International und diversen Universitäten. Diskutiert wurden spürbar strengere Bestimmungen.