Es ist ein Jahr her, dass die E-Control zehn Forderungen im Sinne der Kunden an die Energiewirtschaft richtete. Damals war das Chaos groß, viele Menschen verzweifelt, weil sie Horror-Vorschreibungen bekamen und in Kundenhotlines „verhungerten“. „Manches hat sich zum Besseren gewendet“, so E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch, richtig große Fortschritte vermisst er aber. Es gebe noch erheblichen Aufholbedarf, um das verloren gegangene Vertrauen der Kunden in die Energieversorger wiederherzustellen. Die Branche müsse dringend für mehr Verständlichkeit bei Produkten und Preisen sorgen.

Bei dieser grundsätzlichen Forderung lässt es der Regulator dieses Mal aber nicht bewenden. Denn Anfang Juli wird die Strompreisbremse kräftig zurückgefahren. Wer dann gar nicht weiß, was er regulär für eine Kilowattstunde Strom zahlt, könnte einmal mehr eine geschmalzene Rechnung bekommen.

Mindestens 500.000 Kunden wurden aus Verträgen geworfen

Weil sich die Strompreise allgemein wieder auf einem deutlich niedrigeren Niveau eingependelt haben, gibt es eine neue Obergrenze, bis zu der unterstützt wird und die Strompreisbremse wirkt. Diese Grenze liegt dann bei maximal 25 Cent. „Es gibt aber genug Verträge, wo der Preis weit über die 25 Cent hinausreichen kann“, so Urbantschitsch. „Ich erwarte jetzt von den Unternehmen, dass sie an die Kunden herantreten und nicht am 1. Juli das böse Erwachen kommt.“ Teilweise müssten Kunden, deren Preisbindung ausgelaufen sei, sogar 50 oder 60 Cent je Kilowattstunde zahlen. Das passiere so gut wie immer unbemerkt, denn über das Ende der Bindung werde nicht informiert. Aufs Jahr gesehen kommen durch solche überhöhten Preise Hunderte Euro zusammen. Mehrkosten, die durch einen Anbieter- oder Tarifwechsel vermeidbar sind.

Mindestens 500.000 Kunden wurden im Vorjahr aus ihren Verträgen geworfen, schätzt Christina Veigl, in der E-Control verantwortlich für den Bereich Endkunden. Für die Betroffenen eine völlig neue Erfahrung, die Tausende Kunden beispielsweise auch mit der Kärntner Kelag machen mussten. Die EVN kündigte gar 300.000 Kunden, „wodurch der Markt sehr in Bewegung gekommen ist“, so Veigl.

Die Stromerzeuger spielen den Ball zurück: „Für substanzielle Verbesserungen bei der Kundenkommunikation bräuchte es aber auch klarere rechtliche Grundlagen“, fordert Barbara Schmidt, Generalsekretärin des Branchenverbands Oesterreichs Energie. Dabei geht es vor allem um Strompreisanpassungen. Wegen der Preiserhöhungen gibt es dem Verband zufolge mehr als 50 laufende Gerichtsverfahren. Auch erste Urteile gibt es schon. „Sie haben die Rechtsunsicherheit verschärft“, beklagt Schmidt.

Urbantschitsch ist sich sicher, dass es „automatisierte Preisänderungen in Zukunft wohl nicht mehr geben wird“. Diese basierten auf einer „Zustimmungsfiktion“, die werde wohl fallen. „Zustimmung bekomme ich, wenn die Leute ein Produkt verstehen“, sagt er. Nach wie vor habe praktisch kein Anbieter Apps, in der einfach „mein Preis“ auftauche oder bei Tarifänderungen klar der bisherige und künftige Preis stehe, so Veigl. Urbantschitsch spricht sich deshalb dezidiert gegen Rabatte oder Rabatt-Tage aus, fielen sie weg, würden üblicherweise die Preise höher.

Gaskunden empfiehlt die E-Control übrigens eine regelmäßige Dokumentation des Zählerstands. Denn bei manchen Anbietern wird die Gasrechnung mehrheitlich rechnerisch ermittelt. Die E-Control fordert hier das Recht der Kunden auf eine Ablesung.

Die E-Control hatte 2023 mit rund 42.700 Anfragen und Beschwerden um 29 Prozent mehr Beratungen als schon im turbulenten Jahr 2022 durchgeführt. In der Schlichtungsstelle stieg die Zahl der Anträge um 35 Prozent auf 2480 Fälle.