Der Rechnungshof (RH) hat die Bankenaufsicht in Gestalt der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), der Nationalbank (OeNB) und des Finanzministeriums (BMF) unter die Lupe genommen und dabei ein Reihe von Mängeln festgestellt. Die Prüfer kritisieren unter anderem den Umgang mit Whistleblower-Hinweisen seitens der FMA im Zusammenhang mit einer Prüfung bei einer Bank im Jahr 2015. Außerdem hätte die Aufsicht in diesem Fall schon früher reagieren müssen, heißt es in dem Bericht.

In Österreich teilen sich grundsätzlich FMA und OeNB die Agenden der Bankenaufsicht. Zuständig für das „fact finding“ - etwa auf dem Wege von Vor-Ort-Kontrollen oder Analysen - ist grundsätzlich die Nationalbank. Die FMA als zweite wichtige Säule fungiert als Abwicklungsbehörde und kann in heiklen Fällen beispielsweise die Fortführung des Geschäftsbetriebs untersagen.

Dabei sind FMA und OeNB nur für die Prüfung „kleiner Kreditinstitute“ direkt verantwortlich, für große Banken, die als „systemrelevant“ eingestuft wurden, ist dagegen die Europäische Zentralbank (EZB) als Aufseher zuständig. Das Finanzministerium spielt insofern eine Rolle, als es ein Auskunftsrecht über aufsichtliche Angelegenheiten hat. Zudem bestellt das BMF einen Staatskommissär für jene Banken, die eine Bilanzsumme über 1 Mrd. Euro ausweisen. Staatskommissäre sind quasi von den Aufsehern entsandte Aufpasser in den Banken: Sie nehmen an Hauptversammlungen und Aufsichtsratssitzungen teil, müssen gegen Beschlüsse, die gegen Gesetze oder Vorgaben des BMF verstoßen, sofort Einspruch erheben und müssen regelmäßig Tätigkeitsberichte an die FMA übermitteln. Das Ministerium hat kein Weisungsrecht an die FMA.

Für die aktuelle Untersuchung der Aufsichtsorgane griff der Rechnungshof fünf Kreditinstitute heraus. Er wählte dabei speziell Fälle, bei denen die Annahme nahelag, dass negative Entwicklungen unbemerkt blieben.

„Staatsanwaltschaft nur unzureichend informiert“

Besonders kritisch äußert sich der Rechnungshof in seinem Bericht in Bezug auf die Prüfung einer Bank, der den Angaben zufolge im Jahr 2020 die Lizenz entzogen wurde. Zwischen 2003 und 2014 habe es bei der Bank gar keine Vor-Ort-Prüfung gegeben, erst 2015 sei dort eine Prüfung durchgeführt worden, bei der „außergewöhnlich viele Mängel mit hohem bzw. sehr hohem Risiko und Verdacht auf Gesetzesverletzungen“ festgestellt wurden. Zu dieser Zeit erging auch ein Whistleblower-Hinweis an die Prüfer sowie an Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), „wonach der Vorsitzende des Vorstands dieses Kreditinstituts mit Wissen mehrerer Bediensteter betrügerisch agiere, dem Kreditinstitut finanzielle Mittel für private Zwecke entziehe und dafür falsche Konten nutze“.

Sowohl OeNB als auch FMA hätten die vom Whistleblower aufgeworfenen vermeintlich dubiosen Geschäftspraktiken zwar untersucht, die Anschuldigungen aber nicht bestätigen können, beanstandet der Rechnungshof. Darüber hinaus habe die FMA die Staatsanwaltschaft nur unzureichend über die Ergebnisse ihrer Prüfung informiert und während der laufenden Prüfung sogar darum ersucht, noch Abstand von Ermittlungen zu nehmen, schreibt der Rechnungshof weiter.

Vorwürfe muss sich auch die OeNB gefallen lassen: Sie stellte laut Rechnungshof bei ihren Prüfungen in der Bank zwar riskante Vorgänge fest, dokumentierte aber beispielsweise im Bericht 2017 keine Organgeschäfte und Interessenskonflikte. Bei den beschriebenen Vorgängen ist offensichtlich die Commerzialbank Mattersburg gemeint. Sie musste bekanntlich im Jahr 2020 zusperren, außerdem fand bei ihr 2015 eine Vor-Ort-Prüfung statt. Weitere Vor-Ort-Prüfungen wurden 2017 und 2020 durchgeführt.

Allgemein bemängelt der Rechnungshof, dass die FMA nach Vor-Ort-Prüfungen die Möglichkeit habe, Aufsichtsmaßnahmen zu verhängen, es gebe aber keine konkrete Regelungen zur Überprüfung der Umsetzung dieser Maßnahmen, kritisiert der Rechnungshof. Aufsichtsmaßnahmen und die Weiterverfolgung von aufgedeckten Mängeln würden zwar dokumentiert, es sei aber keine automatisierte Auswertung möglich. „Weder die FMA noch die OeNB verfügte über einen gesamthaften Aufsichtsplan, in dem alle geplanten Aufsichtsaktivitäten für die kommende Planungsperiode erfasst und aufeinander abgestimmt werden“, schreibt der Rechnungshof.

„Verbesserung der Wirksamkeit der Bankenaufsicht“

Zudem habe der Rechnungshof für seine Prüfung nur eingeschränkt Einsicht in relevante Unterlagen gehabt. OeNB und FMA hätten darauf verwiesen, dass für einige der Unterlagen eine Freigabe der Europäischen Zentralbank (EZB) erfolgen müsse - eine solche gab es aber nicht.

Im Nachgang der Prüfung mahnt der Rechnungshof die FMA, Informationen aufgrund von Whistleblower-Hinweisen „umfassend und vollständig“ an Ermittlungsbehörden weiterzugeben. Der OeNB empfiehlt er, ihre Bankenanalysen weiterzuentwickeln und die Aussagekraft regelmäßig zu prüfen und anzupassen, falls nötig. Zudem solle die OeNB ihre 2020/2021 begonnene Projekte zur Verbesserung der Analyseoptionen vorantreiben und in ihren Vor-Ort-Prüfungen Organgeschäfte von Banken deutlich ausweisen.

An das Finanzministerium ergeht indessen die Empfehlung, die Gesetze dahingehend zu verändern, dass das OeNB-Prüfteam direkte Gespräche mit dem Aufsichtsrat einer Bank führen kann und dass der Prüfbericht zu einer Vor-Ort-Prüfung nicht von der geprüften Bank selbst, sondern direkt von FMA oder OeNB an den Aufsichtsrat oder den Staatskommissär geschickt werden muss.

Allen drei geprüften Einheiten empfiehlt der Rechnungshof, die 2021 von der „Arbeitsgruppe Bankenaufsicht“ ausgearbeiteten Vorschläge zur Verbesserung der Wirksamkeit der Bankenaufsicht umzusetzen und dem Rechnungshof künftig Einsicht in alle Unterlagen zu gewähren. Bisher seien nur sechs von 20 „Quick-Win“-Empfehlungen der Arbeitsgruppe und keine der längerfristigen Empfehlungen umgesetzt worden.

„Größtenteils bereits umgesetzt“

Die FMA und die OeNB stehen der Kritik des Rechnungshofs gelassen gegenüber. Die Prüfung habe sich über mehrere Jahre gezogen und auf länger zurückliegende Problemfälle der heimischen Bankenbranche fokussiert. Dementsprechend seien „viele der getroffenen Feststellungen und Schlussempfehlungen mittlerweile größtenteils bereits umgesetzt“ worden, schreiben die Behörden in einer gemeinsamen Aussendung. Zudem seien die Aussagen des Rechnungshofs „nicht repräsentativ“, da für die Prüfung bewusst komplexe Problemfälle genommen worden seien, die sich von der regulären Aufsichtsarbeit deutlich unterscheiden würden. Insgesamt zeige der RH-Bericht, dass die Bankenaufsicht in Österreich effektiv sei und gut funktioniere.

Anders sehen das die Grünen. „Wir fordern eine umfassende Reform der Zusammenarbeit von Bank und Wirtschaftsprüfgesellschaft. Es braucht Mechanismen, mit denen Betriebsblindheit vermieden werden kann“, so die Finanzsprecherin Nina Tomaselli. Bei Prüfern brauche es zudem einen regelmäßigen Wechsel sowie eine Trennung von Beratungs- und Prüfungsleistungen. Tomaselli sieht Brunner in der Pflicht „die dringend notwendigen Gesetzesänderungen endlich anzugehen“, damit sich der Fall Commerzialbank nicht wiederhole.