Ein Verkaufsgespräch ist eine eigene Wissenschaft. Der Dialog eines Verkäufers mit einem potenziellen Kunden muss einer Choreografie, ja Dramaturgie folgen, die vier Phasen beinhaltet: Aufmerksamkeit erzielen, Interesse wecken, Wunsch beim Kunden aufbauen, Abschluss tätigen. Dieser Dialog darf nicht zu kurz und nicht zu lange dauern. Und im besten Fall hat er einen Vertragsabschluss zu Folge.
Klingt einleuchtend, scheitert aber nicht selten an einem mangelndem Verständnis von Kundenbedürfnissen, schlecht ausgebildeten Verkäufern, falscher Positionierung. Herauszufinden, warum Verkaufsgespräche schlecht laufen, ist schwierig und teuer. Ein Kärntner Start-up behauptet, es zu können. Kickscale nennt sich das junge Unternehmen, das mit Künstlicher Intelligenz Verkaufsgespräche derart analysiert und hierauf optimiert, dass Abschlussraten sich um 20 Prozent erhöhen bzw. sich jeder Verkäufer bis zu 30 Stunden im Monat spart. Sprich: mehr Umsatz gemacht wird.
Der 36-jährige Betriebswirt Gerald Zankl, ein gebürtiger Gailtaler, Absolvent der HTL Villach und der Uni Klagenfurt, hat Kickscale gemeinsam mit den Feldkirchnern Markus Jenul und Herwig Gangl sowie Fabian Riedlsperger bereits 2021 gegründet. Alle vier - Profis in ihrem Fach und im Vertrieb. „Die Idee entstand ursprünglich daraus, dass wir eine Datenbank mit dem besten Vertriebswissen erstellen wollten“, sagt Zankl, der als Geschäftsführer fungiert. Nach der Entwicklungsphase, die auch mit einer KWF-Förderung unterstützt wurde, kann das Software-Unternehmen nun dank einer einträglichen Finanzierungsrunde durchstarten. Als Investoren sind die beiden Kärntner Stefan Lederer und Christopher Müller, die vor zehn Jahren das erfolgreiche Videostreaming-Start-up Bitmovin gegründet haben, mit an Bord. Ebenso Michael Kamleitner (Swat.io, Walls.io) und die Business Angels Hermann Futter und Gernot Singer. Auch von der FFG konnte Kickscale Fördermittel lukrieren - für ein Forschungsprojekt mit der TU Graz. Insgesamt bedeutet das ein Investment von knapp einer Million Euro. Kapital, das nun für die Weiterentwicklung der Kickscale-Software bzw. -KI genutzt werden kann. Lederer sagt: „Investment und Förderung unterstreichen den Bedarf an einer solchen Lösung.“
Die Kickscale-Software kann freilich (bisher) nur virtuelle Verkaufsgespräche analysieren. Sie sammelt tausende Datenpunkte, etwa, wer wie viele Fragen stellt, wie die Preisdiskussion abgeht, welche Einwände der Kunde äußert, welche Wünsche er nennt. Daraus „extrahiert“ sie kaufentscheidende Kundenaussagen und identifiziert Stärken des Verkäufers. Sie schlägt Verbesserungen vor, erstellt Gesprächsprotokolle. Alles unter strengem Datenschutz. „Und die Kunden unserer Kunden werden vor Gesprächsbeginn informiert, dass das Gespräch aufgezeichnet wird. 95 Prozent stimmen zu“, so Zankl. Im Fokus hat Kickscale, das als Lizenzprodukt abgerechnet wird, Vertriebsteams größerer Unternehmen. Aber auch einzelne Verkäufer können die Software nutzen - als Abo. Die ersten Kunden haben Kickscale bereits installiert, darunter Finway, eCommerceDB, Symvaro, Walls.io und ContractHero. „Im deutschsprachigen Raum sind wir bereits gut gebucht. Wir vernehmen aber auch starkes Interesse aus den USA, obwohl wir dort bisher nicht auf Kundenakquise sind.“
Kickscale selbst ist mit Standorten in Klagenfurt, Graz und Wien aufgestellt und beschäftigt abgesehen vom Gründer-Team weitere vier Mitarbeiter. „Verkaufsgespräche sind eine Wissenschaft und eine Kunst. Sie folgen einer Struktur, aber keines gleicht dem anderen“, so Zankl. Dass Verkauf durch Künstliche Intelligenz je ersetzt werden wird, glaubt er nicht. „Ein Verkauf wird immer zwischen Menschen abgewickelt werden.“