„Die Lehre ist attraktiv und sie wird jetzt ihr verstaubtes Image bei uns los“, sagt AMS-Landesgeschäftsführer Peter Wedenig. Per Stichtag 31. Dezember wurden in Kärnten 7362 Lehrlinge ausgebildet. „Das ist ein Anstieg von 0,4 Prozent im Vergleich zu 2022“, betont Lehrlingsstellenleiter der Wirtschaftskammer Benno Tosoni.

Den größten Überhang an gemeldeten Lehrstellen gegenüber der Zahl der Suchenden gibt es aktuell im Tourismus, wo rechnerisch nur 0,2 Suchende auf eine Lehrstelle kommen, im Handel (0,6 Suchende auf 1 Stelle) und im holzverarbeitenden Gewerbe (ebenfalls 0,6). Mehr Suchende als verfügbare Stellen gibt es derzeit hingegen in den Metall- und Elektroberufen, bei den Bauberufen oder im Lehrberuf „Friseur und Perückenmache - Stylist“.

Lehrlingsausbilder erlauben Jogginghose

Der Beginn des nächsten Lehrjahrs im Herbst veranlasst viele Unternehmen schon jetzt aktiv auf Lehrlingssuche zu gehen. Überzeugungshilfe bei Banken wie der Kärntner Sparkasse sind unter anderem Prämien für besonders gute Leistungen. Da der Bedarf in den Gesundheitsberufen ausgesprochen groß ist, bietet das Land Kärnten eine eigene Ausbildungsprämie für Pflichtpraktika-Absolventen für Heimhilfen.

Bei Infineon in Villach geht man kreativ vor: Jogginghosen sind, wie in der Ausschreibung betont wird, während der Doppellehre „Elektrotechnik und Metalltechnik“ ausdrücklich erlaubt. Insgesamt soll die Anzahl der Lehrlinge heuer verdoppelt werden, allein 40 werden im Herbst die Doppellehre am Lehrlingscampus im Technologiepark Villach beginnen. Wedenig bestätigt: „Besonders erfreulich ist, dass in die technischen Berufe immer mehr weibliche Nachwuchskräfte einsteigen.“ Diese zukunftssicheren Branchen werden aktuell stärker angenommen.

Josefine Loibner, Lehrling im zweiten Lehrjahr bei Hofer: „Ich überlege, danach ein Studium anzufangen, da ich Karriere machen möchte. Die Berufserfahrung im Verkauf, die ich durch meine Lehre habe, ist auf jeden Fall ein Vorteil.“
Josefine Loibner, Lehrling im zweiten Lehrjahr bei Hofer: „Ich überlege, danach ein Studium anzufangen, da ich Karriere machen möchte. Die Berufserfahrung im Verkauf, die ich durch meine Lehre habe, ist auf jeden Fall ein Vorteil.“ © KK/HOFER

Österreichs größter Lehrlingsausbilder, der Handelskonzern Spar, bietet insgesamt 24 verschiedene Lehrberufe. In Kärnten und Osttirol, wo elf dieser Lehren gemacht werden können, sind aktuell rund 100 Lehrstellen verfügbar. Möglich sind sowohl „Lehre und Matura“ als auch „Lehre mit Matura“. „Durch die demografische Entwicklung gibt es jedoch immer weniger junge Menschen und es ist schwierig, die vorhandenen Lehrstellen zu besetzen. Um die motiviertesten Jugendlichen für sich zu gewinnen, müssen sich Arbeitgeber daher etwas einfallen lassen“, sagt Spar-Vorstandsvorsitzender Hans Reisch. Beim Mitbewerber Hofer werden zurzeit elf Lehrlinge in Kärnten gesucht. Zehn Stellen wollen die ÖBB im kommenden Lehrjahr besetzen. 120 neue Lehrstellen schafft Billa in Kärnten. Österreichweit bildet die Rewe-Gruppe aktuell rund 2300 Lehrlinge aus.

WK-Lehrlingsstellen-Leiter Benno Tosoni
WK-Lehrlingsstellen-Leiter Benno Tosoni © Helmuth Weichselbraun

Kärntens Lehrlingsmarkt wächst

Die meisten Lehrlinge, nämlich 3610, wurden 2023 von Unternehmen der Sparte Gewerbe und Handwerk ausgebildet, gefolgt von Handels- und Industriebetrieben. An vierter Stelle liegen die Betriebe im Tourismus sowie der Freizeitwirtschaft. Erfreulich: Die Anzahl der Kärntner Lehrbetriebe ist im Steigen. Gegenüber 2022 kamen im Vorjahr 35 neue Unternehmen, die Lehrlinge aufnehmen, hinzu, was die Liste auf 2213 Betriebe anwachsen ließ.

Betrachtet man den Lehrstellenmarkt, zeigt sich, so WK-Lehrlingsstellenleiter Tosoni, dass zusätzlich 410 sofort verfügbare Lehrstellen bislang noch nicht besetzt werden konnten. „Demgegenüber stehen 435 Jugendliche, die aktuell als lehrstellensuchend gemeldet sind.“ Die Besetzung der offenen Stellen sei für die Unternehmen, je nach Bezirk und Branche, folglich nach wie vor herausfordernd. „Das liegt aber nicht etwa an einem mangelnden Interesse der Jugend an der Lehrausbildung, sondern an der herausfordernden demografischen Situation mit sehr schwachen Geburtenjahrgängen bei Pflichtschulabsolventen.“ Unter diesen sei der Anteil, der sich für eine Lehre entscheidet, in letzter Zeit aber weiter angestiegen.