Ein sechstägiger Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) legt weite Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahm. Der Streik hat am Dienstagabend im Güterverkehr und Mittwochfrüh im Personenverkehr der Deutschen Bahn (DB) begonnen. Wie schon bei den vorigen Streiks fallen laut Bahn ungefähr 80 Prozent der Fernzüge aus. Auch Zugverbindungen zwischen Österreich und Deutschland sind betroffen. Die ÖBB empfehlen, nicht notwendige Reisen zu verschieben.

Die Zugbindung für ÖBB-Tickets von und nach Deutschland ist aufgehoben, Nachtzug-Tickets können auch tagsüber genutzt werden. Tickets, die vor dem 22. Jänner gekauft wurden, können bei Nichtantritt der Reise storniert und rückerstattet werden. Bereits gekaufte Tickets können zudem länger genutzt werden, nämlich bis einschließlich 5. Februar. Die Züge der Westbahn fahren planmäßig.

Auch im Güterverkehr kommt es zu erheblichen Einschränkungen. Auch der europäische Güterverkehr über die Alpen, Polen oder nach Skandinavien sowie die Seehäfen in Holland oder Belgien sind betroffen. Bereits vor dem Streik sei ein deutlicher Mengenrückgang registriert worden, weil viele Kunden Transporte abbestellt hätten. Unternehmen drohten harte Einschränkungen bis hin zu einzelnen Produktionsausfällen, Drosselungen und Stillständen in der Industrie, sagte Tanja Gönner, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Bei einem sechstägigen Streik ist eine Schadenshöhe von bis zu einer Milliarde Euro nicht unrealistisch.“

„Vom hohen Ross herunter“

Der Ausstand auf der Schiene soll bis Montagabend um 18.00 Uhr andauern. Der vierte Arbeitskampf der GDL im laufenden Tarifstreit mit dem staatlichen Konzern ist offenbar der längste in der Geschichte der Deutschen Bahn. 136 Stunden soll er im Personenverkehr andauern, 144 Stunden im Güterverkehr. Der Streik umfasst erstmals im aktuellen Konflikt auch ein komplettes Wochenende.

In einem Brief an die Deutsche Bahn hat die GDL ihre Tarifforderungen erneuert und manche konkretisiert. „Die Vorschläge orientieren sich an den Tarifabschlüssen, die wir in den vergangenen Wochen mit unseren Tarifpartnern erzielen konnten“, heißt es in dem Schreiben, das die GDL am Mittwoch veröffentlicht hat. So wird etwa ein konkreter Zeitplan für die geforderte Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden ohne finanzielle Einbußen bis 2028 vorgeschlagen. Es ist die Kernforderung der Gewerkschaft und der Knackpunkt im Tarifkonflikt. Die Deutsche Bahn lehnte die Vorschläge der GDL als Grundlage für weitere Verhandlungen ab. Auf die Frage, wann die Gewerkschaft wieder verhandeln werde, sagte GDL-Chef Claus Weselsky: „Sobald die Deutsche Bahn vom hohen Ross herunterkommt.“